Zwei Mrd. Dollar Schaden durch ein festsitzendes Schiff im Ärmelkanal – und es hätten auch 10 oder 20 Mrd. werden können, wenn es nicht gelungen wäre, die „Ever Given“ so schnell wieder flottzubekommen. Wer wird das bezahlen?
Wie bei allen Großschäden werden auch hier Rückversicherer zur Kasse gebeten werden. Vom Katastrophen-Erdbeben in Kalifornien in 1906 (bis heute das größte Schadenereignis der USA im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung), über den Hurrikan Katarina (mit über 60 Mrd. US$ Versicherungsleistungen bis heute der größte Einzelschaden) bis zu den World-Trade-Center-Anschlägen (mit 20 Mrd. US$ der größte von Menschen verursachte Schaden) – überall hatten Rückversicherer den Großteil der (versicherten) Schadenlast zu tragen.
Und die Großschadenereignisse werden zunehmen – vor allem die Naturkatastrophen. Der Klimawandel wird neue Bedrohungen – Dürren, Überschwemmungen, Stürme – mit sich bringen. Die Konzentration von Werten und neue Technologien bringt große Schadenpotenziale mit sich – man denke nur an die potentiellen Schäden aus Cyber-Angriffen.
Ist es vor so einem Hintergrund sinnvoll in eine Rückversicherung zu investieren? Man könnte auch sagen – gerade deshalb! Ich möchte im folgenden Beitrag gerne erläutern, weshalb Rückversicherung ein interessantes Investmentgebiet ist und weshalb ich die Hannover Rück als ein attraktives Unternehmen für eine Beteiligung einschätze.
Wie funktioniert Rückversicherung?
Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, wie Rückversicherung „funktioniert“. Eine Rückversicherung ist in erster Linie (auch) eine Versicherung. Vereinfacht kann man sich eine Versicherung als „die Bank“ beim Roulette vorstellen. Jeder Spieler macht Einsätze und gewinnt (selten) oder verliert (oft). Das Ergebnis ist bei einem einzelnen Spiel zufällig – wenn man aber oft spielt, dann bestimmt die Wahrscheinlichkeit das Ergebnis. Wenn man 1x eine Münze wirft, dann hat man die gleiche Wahrscheinlichkeit für Kopf oder Zahl. Wenn man das 100 mal macht, dann werden ungefähr 50x Kopf und 50x Zahl rauskommen. Genauso ist es beim Roulette. Dort gibt es 37 mögliche Ergebnisse eines Spiels (1-36 und die Null). Vereinfacht könnte man sagen: Egal welche Zahl gespielt wird: auf 36 Feldern gleichen sich die Gewinne und Verluste der Spieler aus. Und das 37. Feld gehört jeweils der Bank. Je mehr gespielt wird, desto sicherer hat die das Casino – „die Bank“ – 1/37tel der Einsätze als Gewinn. Nicht umsonst gilt das Sprichwort: „Die Bank gewinnt immer“.
Im richtigen Leben sind Versicherungen die „Banken“. Jeder Versicherte macht einen Einsatz (seine Prämie). Wenn dann ein Schaden eintritt, dann deckt die Erst-Versicherung diesen Schaden ab. Ein konkretes Beispiel: Angenommen das Risiko, dass ein Haus abbrennt, wäre 1:1.000 und jedes Haus hat einen Wert von 500 Tsd. Dann wird die Erst-Versicherung z.B. 800 Euro Prämie verlangen. Bei 1000 Versicherten wären das 800 Tsd. Euro Einnahmen. Rein statistisch sollte von den 1.000 versicherten Häusern genau eines abbrennen. Der Schaden wäre damit 500 Tsd. und der verbleibende Deckungsbeitrag wäre 300 Tsd. In dem konkreten Fall wäre es natürlich ein Problem, wenn zufällig 2, 3 oder auch 10 Häuser abbrennen würden – das ist zwar nicht wahrscheinlich, könnte aber passieren. Jedenfalls hätte dann die Erst-Versicherung einen großen – eventuell existenzbedrohenden – Verlust zu tragen. Um dieses Verlustrisiko zu begrenzen, wird die Erst-Versicherung in so einem Fall auf eine Rückversicherung zurückgreifen. Mit dieser Rückversicherung wird dann vereinbart, dass diese den Schaden deckt, wenn z.B. mehr als nur ein Haus abbrennt. Dafür ist dann eine Prämie fällig, die genau aus diesem Risiko berechnet wird.
Wichtig ist auch zu verstehen: Das Risiko so einer unwahrscheinlichen Schadenhäufung (bzw. der Abweichung vom Erwartungswert) ist dann viel kleiner, wenn die Erst-Versicherung z.B. nicht nur 1.000 Häuser sondern 100.000 Häuser versichern kann. Je höher die Einzelrisikoanzahl, desto näher wird der Schaden beim Erwartungswert liegen („Gesetz der großen Zahl“). In dem Fall von 100.000 versicherten Häusern (und einem Risiko von 1:1.000) muss man erwarten, dass 100 Häuser abbrennen. In Realität sind es dann vielleicht nur 95 oder auch 105 – das wäre aber aus den Prämien jedenfalls leicht bezahlbar. Daran kann man erkennen: Das Rückversicherungserfordernis hängt davon ab, welche Schadentragfähigkeit eine Versicherung hat. D.h. eine Versicherung kann nur so viel Risiko auf die eigenen Bücher nehmen, wie sich auch bei einem unwahrscheinlichen Schadenverlauf selber tragen kann – der Rest wird an den Rückversicherer abgegeben.
Das bedeutet zweierlei:
- Je größer eine Versicherung ist, desto mehr Risiken kann Sie selber tragen. Je kleiner die Versicherung ist, desto mehr muss sie sich beim Rückversicherer absichern. Die Konzentrationsentwicklung bei den Erstversicherern hat damit tendenziell einen Rückgang der Geschäftsmöglichkeiten der Rückversicherer zur Folge.
- Je größere ein potentieller Schaden ist, desto mehr Risiko landet beim Rückversicherer. Das bedeutet aber auch: Je mehr drohende Großschäden, desto mehr potentielles Geschäft für die Rückversicherer.
Was sind die Erfolgsfaktoren für eine Rückversicherung?
Eigentlich ist Rückversicherung (in der Theorie) eigentlich relativ einfach – in der Praxis sieht das schon ein wenig anders aus. Es gibt einige wirklich wichtige Erfolgsfaktoren – und wenn diese nicht gut gemanaged werden, dann kann Rückversicherung ein desaströses Geschäftsmodell sein.
Ein erster wichtiger Erfolgsfaktor, den ein Investor in Rückversicherungsunternehmen verstehen sollte, ist der Preis bzw. die Phase im Marktzyklus.
Die Kosten eines Rückversicherers bestehen (je nach Sparte) zu 75-90 Prozent aus Schadenkosten. Die Einschätzung des Schadenrisikos bestimmt damit (zumindest in der Theorie) ganz maßgeblich den notwendigen Preis – die Prämie – den der Versicherungsnehmer zahlen muss.
Eine Rückversicherung muss deshalb in der Lage sein, die Eintrittswahrscheinlichkeiten für Schadenereignisse richtig vorherzusagen.
- Wenn es viel Erfahrung und eine große Zahl gibt, dann kann man diese Wahrscheinlichkeiten sehr gut aus Statistiken ableiten. So ist z.B. die Wahrscheinlichkeit, dass ein Menschen in einem Jahr durch einen Unfall stirbt, relativ klar ermittelbar (aber in verschiedenen Weltregionen oder auch verschiedenen Altersklassen ganz unterschiedlich). Das Brandrisiko bei einem Einfamilienhaus ist je nach Bauweise auch leicht aus der Vergangenheit ableitbar.
- Viel schwieriger ist die Einschätzung bei grundsätzlich ganz seltenen Risiken. Ein typisches Beispiel ist das Erdbebenrisiko Kalifornien. Jeder Rückversicherer weiß, dass es eines Tages wieder beben wird und vermutlich sehr viel Schaden entstehen wird. Wir groß ist aber das Risiko, dass es im nächsten Jahr passieren wird? Was ist die richtige Prämie für die Abdeckung dieses Risikos?
- Und ganz kritisch ist der Umgang mit sog. Tail-Risiken – dh grundsätzlich bekannte Risken, die aber seltene (oft unbekannte) Ausprägungen haben. Das Risiko einer Betriebsunterbrechung war z.B. auch relativ leicht aus der Vergangenheit ermittelbar. Dass durch eine Pandemie aber plötzlich ganz viele Betriebe mit so einer Betriebsunterbrechung konfrontiert waren, wurde in den Berechnungen vermutlich nicht richtig eingepreist. Ganz problematischste Beispiele für solche Tail-Risiken sind unbekannte Spätschäden, d.h. Schäden, die schon entstanden sind, von denen aber noch niemand weiß. Sehr prominentes Beispiel dafür sind die Asbest-Schäden. Dass Asbest gesundheitsgefährdend ist, war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über eine Haftpflicht-Abdeckung z.B. mit einem Hersteller von Fassaden-Platten nicht bekannt und hat sich erst Jahre später herausgestellt. Diese Schäden haben für die Versicherer in Summe bereits fast 200 Mrd. US$ gekostet.
Gerade aufgrund der Tatsache, dass die Schadenwahrscheinlichkeit nicht so klar kalkuliert werden kann, wird es immer verschiedene Einschätzungen des Risikos durch unterschiedliche Anbieter geben. Und damit entsteht ein Marktpreis bei dem sich Nachfrage nach Risikodeckung mit dem Angebot decken. D.h. der Preis bildet sich am Markt durch Angebot und Nachfrage und nicht dadurch, dass die Rückversicherung einen Preis vorgeben könnte. Nein-Rückversicherer sind – zumindest als Einzelfirma – im Normalfall Preisnehmer. Das ist auch nicht unlogisch, weil Rückversicherung in vielen Fällen tatsächlich einfach ein Commodity ist. Für den Erstversicherer in Kalifornien macht es ja keinen großen Unterschied, ob das Großrisiko aus einem Jahrhundert-Erdbeben von der Münchener Rück, der Hannover Rück oder der Swiss-Re abgedeckt ist (solange diese als solvent genug angesehen werden). Die Bedingungen sind standardisiert und in den meisten Fällen werden Großrisiken eh von allen großen Rückversicherern gemeinsam getragen. Was sich von Jahr zu Jahr ändert, sind nur die Quoten, d.h. wieviel Anteil des Risikos (und der Prämie) auf den jeweiligen Versicherer entfällt.
Die Preise für das selbe Risiko schwanken deshalb (für alle Versicherer!) über Zeit erheblich (obwohl die zugrundeliegende Schadenwahrscheinlichkeit sich nicht verändert).
Im Moment befinden wir uns wieder in einer Phase eines „harten“ Marktes. D.h. wer Rückversicherungskapazität haben will, muss höhere Preise akzeptieren. Wie man an der Grafik am Beispiel XL-Versicherungen sieht, hat gerade die Erneuerung der Verträge am Jahresanfang diesen Preisanstieg nochmals kräftig befeuert.
Weshalb gibt es am Rückversicherungsmarkt solche Zyklen? Das hängt genau damit zusammen, dass Rückversicherung (zumindest in Teilsegmenten) ein echter Commodity-Markt ist. Wenn man Kapital (und ein entsprechendes Rating) hat, dann kann man im Spiel mitmachen. Wenn wieder eine Phase vorherrscht, in der die Renditen auf das eingesetzten Kapital hoch sind (und wenige Schäden passiert sind), dann drängen alternative Anbieter (z.B. Hedge-Fonds, neue Anbieter, etc.) auf den Markt und wollen am Kuchen mitnaschen. Das drückt dann wieder auf die Preise (das nennt man dann einen „weichen“ Markt) und damit auf die Rentabilität der Rückversicherer. Wenn sich dann wieder einige Anbieter aufgrund von Großschadenereignissen, die nicht richtig bepreist waren, eine blutige Nase geholt haben, dann steigen die Preise wieder (ein harter Markt).
Die Großschadenereignisse der letzten Jahre haben dazu geführt, dass der Markt im Moment wieder härter ist. Anders ausgedrückt könnte man auch sagen. Großschäden kosten die Rückversicherer zuerst viel Geld. In den Folgejahren wird dieses Geld aber über höhere Preise wieder hereingespielt. Ohne große Schäden würde das Geschäftssystem der Rückversicherer in sich zusammenbrechen – sie sind damit zwar schmerzhaft, aber Grundlage des Systems.
Welche Handlungsoptionen hat eine Rückversicherung in diesem Umfeld? Wenn der Preis nicht aktiv „gemacht“ werden kann, dann kann man zumindest selektiv zeichnen. Man kann dann mehr Risiko nehmen, wenn der Preis stimmt und auf Risiko verzichten, wenn der Preis nicht stimmt.
Dieses „Zyklusmanagement“ aktiv zu machen und die Risikoübernahme konsequent am Preis festzumachen, ist aber gar nicht so einfach. Das bedeutet nämlich Verzicht auf Geschäft, ggf. über mehrere Jahre. Oder zumindest Verzicht in bestimmten Segmenten des Marktes – und mehr Risikoübernahme in anderen Segmenten. Wenn Sie als großer Rückversicherer aber z.B. eine eigene Einheit für das US-Elementar-Geschäft haben, dann würde das bedeuten, dass sie dieser Einheit sagen müssen, dass sie das Geschäft bis auf weiteres einstellen soll. Und den Aktionären, dass die Prämien nicht wachsen, sondern das Geschäft schrumpft. Das ist im Normalfall nicht so einfach – und mit ein Grund dafür, dass der Zyklus weiterhin bestehen bleibt. Es gibt aber Beispiele wie das erfolgreich gemacht werden kann. Das beste Beispiel ist Berkshire Hathaway bzw. die Rückversicherungstochter von Warren Buffets Holding. Berkshire praktiziert das konsequent. Gezeichnet werden Risiken nur dann, wenn der Preis stimmt. Auch Hannover Re macht das sehr erfolgreich. Dadurch, dass Hannover Re stärker zentral aus Hannover heraus agiert, fällt es leichter solche Entscheidungen (ohne Gegenwehr der lokalen Managementverantwortlichen) zu fällen.
Ein ganz wichtiger Faktor in der Beurteilung des Erfolges eines Rückversicherers ist der Einsatz von Kapital. Dies deshalb, weil Kapital bei einer Rückversicherung nicht in erster Linie eine Finanzierungsfunktion hat, sondern so etwas wie „Werkbank-Charakter“ repräsentiert. Vereinfacht: Wenn man 2 Mrd. risikotragendes Kapital hat, kann man (mehr als) doppelt so viel Geschäft machen, wie wenn man nur 1 Mrd. Kapital hat. Rückversicherung ist damit nicht ein einfach skalierfähiges Geschäftsmodell – man muss auch das risikotragende Kapital zur Verfügung haben. Im Umkehrschluss kann (fast) jeder, der genug Kapital hat, auch Rückversicherungsdeckungen übernehmen. Die Rendite auf das eingesetzte Kapital ist damit einer der wichtigsten Beurteilungskriterien für die Marktattraktivität vor allem aber für die Attraktivität eines Unternehmens für eine Investition als Anleger.
An der langjährigen Entwicklung der Eigenkapitalrendite im Rückversicherungsmarkt sieht man, dass diese stark mit der Preisentwicklung korreliert (was zu erwarten ist). Man sieht aber auch, dass die letzten Jahre unterdurchschnittliche Jahre für die Rückversicherung waren. Kapital war/ist reichlich vorhanden. Viele alternative Anbieter haben auf den Markt gedrängt. Diese Entwicklung könnte sich jetzt umkehren. Die Preiserhöhungen der letzten Erneuerungsrunden dürften sich positiv auf die EK-Rentabilität in den nächsten Jahren auswirken.
Weshalb ist die Hannover Rück attraktiv als Investment?
Die Sicht auf den Gesamtmarkt ist nur eine Seite der Medaille. Es gibt immer besser und schlechter positionierte Unternehmen. Es gibt Unternehmen die viel Werte schaffen und andere die im selben Umfeld Werte vernichten.
Mit einem durchschnittlichen EK-Rendite von 11,7% ist die Hannover Rück der erfolgreichste Rückversicherer der letzten 5 Jahre. Und dies trotz eines über dem Marktdurchschnitt liegendes Wachstums von 8% p.a. Und Hannover Rück ist nicht nur ein Nischenplayer – die Hannover Rück ist mit 25,3 Mrd. Prämieneinnahmen nach der Münchener Rück (42 Mrd.) und der Swiss Re (38 Mrd.) bereits der drittgrößte Rückversicherer der Welt.
Die Wertschöpfung, d.h. das thesaurierte Eigenkapital zuzüglich der ausgeschütteten Dividenden ist dementsprechend über die letzten Jahre auch kontinuierlich angestiegen.
Dies ist ein sehr erfreuliches Ergebnis, das weit über dem anderer Rückversicherer liegt. Die Hannover Rück ist ein Unternehmen, das tatsächlich Werte schafft und damit über Zeit mehr Wert wird.
Zumindest war das in der Vergangenheit der Fall. Es stellt sich aber natürlich die Frage, weshalb dies so ist und vor allem ob dies nachhaltig weiter in die Zukunft extrapoliert werden kann?
Ein wichtiger Faktor für das bessere Abschneiden der Hannover Rück ggü. demWettbewerb ist die schon angesprochene Risikoselektion. Die Hannover Rück schreibt selber:
Mit unserem aktiven Zyklusmanagement konzentrieren wir uns in der zyklischen und volatilen Schaden-Rückversicherung noch gezielter auf profitable Marktsegmente. Wichtig ist uns einzig und allein die Profitabilität des Geschäfts. Prämienvolumen oder Marktanteile gehören nicht zu unseren strategischen Kenngrößen. In der Schaden-Rückversicherung erhöhen wir unseren Marktanteil nur in einer von guten Marktkonditionen gekennzeichneten Aufschwungphase (harter Markt), wohingegen wir ihn im Zyklusabschwung (weicher Markt) wieder reduzieren.
Der für mich noch viel wichtigere Aspekt ist aber die Kostenstruktur. Die Hannover Rück hat eine viel günstigere Kostenstruktur als die meisten Wettbewerber.
Die Verwaltungskostenquote liegt mit 2,4% bei nur 43% der Kostenquote der Peers. Und auch in der Gesamtkostenquote (inkl. der ganzen Vertriebsvergütungen/Provisionen) besteht ein Abstand von 3-4%-Punkten. Nun klingt das auf den ersten Blick nicht spektakulär. Im Ergebnis ist das aber entscheidend.
- Wenn ein durchschnittlicher Wettbewerber 60% der Prämie an Eigenkapital vorhalten muss, dann sind 4%-Punkte Ergebnisunterschied bezogen auf die Prämie ein Unterschied von 6,7% auf das Eigenkapital!
- D.h. wenn beide Unternehmen die selben Risiken zeichnen und das zu den selben Prämien, dann realisiert die Hannover Rück eine um 6-7% höhere EK-Rendite als die Wettbewerber!
- Wenn die durchschnittliche Rendite auf das Kapital über den gesamten Zyklus in diesem Geschäftssystem bei z.B. 7% liegt, dann kann die Hannover Rück eine fast doppelte EK-Rendite ausweisen.
Diese Renditedifferenz macht einen entscheidenden Unterschied. Vor allem deshalb, weil diese einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil darstellt. Die Kostenstrukur der Hannover Rück ist (auch) deshalb so günstig, weil die Hannover Rück im Vergleich z.B. zur Munich Re und Swiss Re sehr zentral organisiert ist. Und „zentral“ bedeutet hier Hannover – was betreffend Gehälter und Mieten im Vergleich zu Zürich, München, London oder den Cayman Inlands tatsächlich Provinz ist. Zentral bedeutet aber auch, dass man sehr effizient arbeiten kann. Nähe zu den Kunden wird durch punktuelle Besuche und Geschäftskontakte sichergestellt – nicht durch lokale Niederlassungen, die immer einen hohen Kostenaufwand mit sich bringen. Es spricht im Moment alles dafür, dass dieser Kostenvorteil nachhaltig und noch viele Jahre vorhanden sein wird.
Die Hannover Rück ist damit grundsätzlich ein spannendes Investment für einen langfristig orientierten Anleger. Hier geht es aber nicht um ein spannendes Tech-Unternehmen, das sich im Wert über zwei Jahre vervielfachen kann. Hier geht es um den Zinseszinseffekt einer Langfristanlage mit einer erwartbaren Rendite von 10% bis 15% p.a. Die Wertsteigerung über die letzten 25 Jahre hat 12% betragen und das ist auch das Wertsteigerungspotential, das in den nächsten 10 Jahren in der Firma steckt.
Die Rendite für den einzelnen Investor hängt aber natürlich davon ab, zu welchem Preis er einsteigen kann. Wenn die Bewertung hoch ist, dann wird seine Rendite niedriger sein, auch wenn die Firma sich gut entwickelt. Die Frage ist deshalb wie hoch die Hannover Rück im Moment bewertet ist?
Der Kurs ist von Mitte 2018 bis Februar 2020 von gut 100 auf fast 200 Euro gestiegen. Dann kam der Corona-Absturz zurück auf gut 100 Euro. In der Zwischenzeit war der Kurs auf 160 gestiegen, dann aber auf 130 Euro zurückgefallen. Seit dem Einstieg von VERUS Ende Jänner ist der Kurs von ca. 135 wieder auf knapp 160 gestiegen.
Beim derzeitigen Kurs von knapp 160 wird die HR mit 160% des zugrundeliegenden Kapital bewertet. Das ist im Vergleich schon sehr viel. Die Münchner Rück liegt nur bei 120% die Swiss Re sogar nur bei 100% des Kapitals. Bezogen auf den Gewinn sieht das etwas anders aus. Ein Vergleich auf Basis der Gewinne des Jahres 2020 macht wenig Sinn – hier hatte die Pandemie für sehr unterschiedliche Ergebnisse gesorgt. Die Swiss Re war am meisten betroffen, sie musste 3,9 Mrd. (das dreifache es Gewinnes des Vorjahres) für Corona-Schäden zurückstellen, vor allem weil diese sehr stark im Bereich Betriebsunterbrechungen engagiert ist. Auch die Münchner Rück war stark betroffen, der Gewinn ging in 2020 um 50% zurück – 55% der Covid-Schäden beliefen sich dabei auf die Ausfälle von Großereignissen (v.a. die Olympischen Spiele). Die Hannover Rück kam da mit einem Gewinnrückgang von 1/3 noch glimpflich davon.
Nimmt man jetzt die erwarteten (normalen) Gewinne von 2021 als Basis für den Bewertungsvergleich, so zeigt sich folgendes Bild: Die Hannover Rück wird mit dem 14fachen Gewinn bewertet, die Münchener Rück mit 13,1 und die Swiss Re mit 13,7. Alle damit in einem sehr ähnlichen Rahmen.
Aufgrund der höheren ROI-Fähigkeit der Hannover Rück wird der Gewinn der Hannover Rück über Zeit aber stärker steigen. Die Frage ist: Wieviel Mehr-Bewertung ist das wert? Eine Modellrechnung zwischen Münchner Rück und Hannover Rück zeigt, dass der Rendite einer Investition in Hannover Rück bei den heutigen Bewertungsverhältnissen für den Investor dann gleich hoch ist, wenn es der Hannover Rück in den nächsten Jahren gelingt, eine um 2% höhere Rendite auf das Kapital zu erwirtschaften (in der Annahme 12% EK-Rendite versus 10% bei Münchner Rück, Annahme 25% Dividendenquote). Wenn man sich die Vergangenheit ansieht, dann war das eindeutig der Fall – der Renditevorteil war deutlich höher. Und aufgrund des Kostenvorteils, der bereits beschrieben wurde, ist das auch für die Zukunft zu erwarten. Bei den getroffenen Annahmen beträgt diese Anleger-Rendite im übrigen 12,3% – ganz im Rahmen der bisherigen Performance der Hannover Rück über die letzten 20 Jahre. Klar, wenn man weiterhin bei 130 Euro einsteigen könnte, dann wäre die zu erwartende Rendite noch höher – dann dürfte man langfristig sogar eine Rendite von 14,7% p.a. erwarten.
Die Bewertung mit den derzeit zu bezahlenden 160 Euro stellen für mich damit auch die Obergrenze dar, um eine entsprechende Sicherheitsmarge zu haben. Hannover Rück sollte man dann kaufen, wenn der Kurs zurückkommt. Das könnte in den nächsten Wochen durchaus der Fall sein. Die Qualität der Firma ist nicht unbekannt. Das zeigen die Bewertungsrelationen. Bei einem negativen Marktumfeld kann der Kurs auch ohne negative Entwicklungen bei der Firma selber auch schnell wieder einmal 20% zurückkaufen. Dann kann man auf jeden Fall weiter aufstocken.