Newron Pharma Update

Der Kurs von Newron bewegt sich seit über einem Jahr in einer Seitwärtsrange, mit einem kurzfristigen Abtauchen unter die 6-CHF-Marke Ende April 2025.

Betrachtet man den Chart, könnte man meinen, dass sich in der Unternehmensentwicklung seit über zwei Jahren nicht viel getan hat – Anfang 2023 notierte Newron schließlich auch schon kurzfristig bei über 8 CHF.

Das ist jedoch nicht der Fall! Natürlich ist nicht alles positiv, was sich getan hat. Die grundlegenden Entwicklungen sind aber so, dass der innere Wert von Newron in dieser Zeit ganz klar gestiegen ist.

  • Die positiven Ergebnisse der placebokontrollierten Studie 008A, die bereits abgeschlossenen Lizenzdeals (Japan/Asien und Korea) und die jetzt konkret gestartete Phase-III-Studie sind jedenfalls sehr positive Meilensteine, die den Erwartungswert für eine angestrebte Milliardenbewertung von Newron massiv verbessert haben.
  • Die Konditionen der grundsätzlich sinnvollen und notwendigen Kapitalerhöhung mit Herrn Yass, die Unsicherheiten in Bezug auf anstehende Verwässerungen und der Vertrauensverlust, den das Management aufgrund der von den Aktionären empfundenen mangelnden Kommunikation erlitten hat, lasten dagegen auf der Aktie.

Dabei muss man bedenken: Die positiven Aspekte sind harte Fakten, die negativen Punkte sind dagegen eher auf einer emotionalen Ebene zu verorten und stehen einem Erfolg von Newron, der letztlich ausschließlich vom Erfolg in den klinischen Studien abhängt, nicht im Wege.

Der letzte Kursrückschlag ist genau auf diese emotionalen Themen zurückzuführen. Im Vorfeld der Hauptversammlung hat der – leider unkommentierte – Vorschlag eines Vorratsbeschlusses zur Ausgabe neuer Aktien für ein IPO an der Nasdaq zu großer Verunsicherung geführt. Es bestand – und besteht weiterhin – die Sorge, dass es zu einer großen Kapitalerhöhung mit einem für die bisherigen Aktionäre sehr ungünstigen Ausgabepreis für die neuen Aktien und damit zu einer hohen Verwässerung kommen könnte.

Die Aktionärsstruktur – ein Problem?

Dabei muss man anerkennen – die Aktionärsstruktur bei Newron ist tatsächlich nicht optimal. Der Streubesitz ist extrem hoch und vermutlich auf sehr viele Altaktionäre verteilt, die sich zum Teil gar nicht mehr mit dem Unternehmen beschäftigen. Die Genehmigung zur Kapitalerhöhung ist auch nicht daran gescheitert, dass die Aktionäre dagegen gestimmt haben, sondern daran, dass nicht genügend Aktionäre an der Abstimmung teilgenommen haben.

Herr Weber verfolgt nach meiner Einschätzung jetzt konkret das Ziel, die Aktionärsstruktur so umzubauen, dass er im Vorfeld wichtige Themen abstimmen kann und eine Aktionärsgenehmigung beispielsweise sicher beschlussfähig ist.
Grundsätzlich hat er damit recht – ein Unternehmen muss handlungsfähig sein. Wenn die beste Option darin besteht, mit erstklassigen US-Biotech-Investoren ein Nasdaq-Listing anzustreben, wäre das nicht nur im Sinne des Managements, sondern auch im Sinne der Altaktionäre, die endlich einen Anstieg des Aktienkurses sehen wollen. Die Begründungen für so einen Schritt und die Bewertung, dass dies tatsächlich eine gute und für die Aktionäre wertstiftende Option sein könnte, wurde bisher allerdings nur informell in Gesprächen mit Herrn Weber angeführt. Eine offizielle Kommunikation oder der Versuch, die Aktionäre über offizielle Veröffentlichungen auf diesem Weg mitzunehmen, ist bisher leider nicht erfolgt.

Ein konkretes Beispiel dafür, dass sich die Aktionäre vom Management nicht „mitgenommen“ fühlen, ist die letzte Veröffentlichung von Newron (vgl. hier), in der der Start von zwei Phase-III-Studien angekündigt wird. Eine an sich sehr positive Nachricht. Auf den Start einer Studie als nächsten Meilenstein ist schon gewartet worden.

Dass jetzt aber zwei Studien durchgeführt werden, war für alle Marktteilnehmer (inklusive für mich) sehr überraschend. Schließlich hatte Herr Weber vier Wochen zuvor noch argumentiert, dass die Kapitalerhöhung auf der Hauptversammlung notwendig sei, um die Studie 17 (d. h. eine Studie) auszufinanzieren und die Rückzahlung an die EIB sicherzustellen. In der Unternehmensmitteilung wurde dann jedoch eine weitere Studie angekündigt, ohne die Gründe dafür zu nennen, auf die Finanzierung einzugehen oder den Finanzbedarf dafür konkret zu nennen.

Warum jetzt zwei Studien zum Nachweis der Wirksamkeit?

In der Zwischenzeit hatte ich die Chance, mit Herrn Weber zu sprechen und konnte dabei die Zielsetzungen, die Rahmenbedingungen und das Design der Studien mit ihm diskutieren. Wesentliche Erkenntnisse für mich sind:

  • Die zweite Studie wurde initiiert, um dem Risiko zu entgehen, dass die FDA Ende 2026 doch eine zweite Studie fordert. So hat man sicher zwei Studien und verliert nicht potenziell weitere 1,5 bis 2 Jahre. Das heißt, die Studie dient der Risikominimierung, da man sich nicht (mehr) darauf verlassen kann, dass die FDA für eine Zulassung mit einer einzigen Studie zufrieden ist. Tatsächlich hat sich das Risikoprofil der Zusammenarbeit mit der FDA seit dem Amtsantritt von Trump und dem Engagement von Herrn Musk mit DOGE massiv verschlechtert. Hier vorzubauen und Risikominimierung zu betreiben, ist sehr gut nachvollziehbar.
  • Die Mehrkosten der zweiten Studie betragen ca. 25 Mio.
  • Die Entscheidung für die zweite Studie ist erst in den letzten Wochen gefallen, weshalb diesbezügliche Pläne zuvor nicht kommuniziert wurden.
  • Die Studie ENIGMA1 (Non-US) rekrutiert die Patienten breit diversifiziert außerhalb der USA, ENIGMA2 fokussiert dagegen vor allem auf die USA (und einige weitere Regionen).
  • Beide Studien haben das gleiche Ablaufschema – ENIGMA1 hat schon gestartet, der Start von ENIGMA2 wird in den nächsten Monaten erwartet. Da 400 Patienten für die  USA-Studie aber schneller vollständig rekrutiert sind als 600, werden die 12-Wochen-Ergebnisse für beide Studien parallel im Oktober/November 2026 erwartet. Davor wird es auch keine Zwischenergebnisse geben, da diese dem Unternehmen vorher nicht bekannt gemacht werden.
  • Die Dosis ist in der USA-Studie auf 15 mg beschränkt. Das war eine Vorgabe der FDA.

Herr Weber ist sehr optimistisch, dass dieses beiden Studien grundsätzlich ohne Kapitalmaßnahmen finanziert werden können. Er ist sehr optimistisch, dass es Lizenzdeals geben wird, die beide Studien ausfinanzieren.

Finanzierung der Studien über weitere Lizenzeinnahmen?

Meine persönliche Interpretation zum Stand der Lizenzverhandlungen („zwischen den Zeilen“):

  • Lateinamerika: Hier habe ich den Stand so interpretiert, dass ein konkreter Prozess läuft. Dieser Prozess scheint strukturiert zu sein (Call, Erstangebote, Selektion für Phase 2 usw.). Hier ist vermutlich auch ein professioneller Berater engagiert. So optimistisch, wie Herr Weber geklungen hat, gehe ich davon aus, dass bereits konkrete Angebote vorliegen. Herr Weber hat jedoch betont, dass es sich bei den Gesprächspartnern nicht um Big Pharma, sondern um große lokale Player handelt. Konkrete, kommunizierbare Ergebnisse (Vertragsabschluss) könnten im Sommer verkündet werden.
  • Europa: Hier scheint man sich auf einen ähnlichen Prozess vorzubereiten. Die Ergebnisse wären dann aber nicht vor Ende des Jahres bzw. im 1. Quartal 2026 zu erwarten.
  • In anderen Regionen (China, Indien usw.) sind wohl (bewusst) noch keinerlei Initiativen ergriffen worden.

Zusätzlich – so habe ich Herrn Weber verstanden – würde er gerne die Lizenznehmer auch als Aktionäre gewinnen! Das heißt, ein Bestandteil einer Lizenzvereinbarung könnte die Übernahme einer Beteiligung an Newron sein. Leider wird das nicht durch Käufe dieser Lizenznehmer an der Börse passieren, denn Herr Weber hat dies auf Rückfrage als unrealistisches Szenario beurteilt. Das heißt, man muss davon ausgehen, dass für diese Beteiligungen die drei Millionen Aktien des genehmigten Kapitals verwendet werden und diese als Teil der Lizenz-Vereinbarung über eine Kapitalerhöhung an die Lizenznehmer ausgegeben werden.

Ich interpretiere das so, dass damit das Ziel verfolgt wird, die Aktionärsstruktur zu verändern. Mit der Ausgabe der Aktien hätte Herr Weber die Chance, ein Aktionariat zu haben, das ihm eine notwendige Mehrheit auf der GV gibt.

Herr Weber hat darüber hinaus klar betont, dass er weiterhin bestrebt ist, institutionelle Investoren (über ein Nasdaq-Listing) zu gewinnen. Das Thema wird also wieder aufkommen, wobei sich die potenzielle Verwässerung durch die vorherige Kapitalerhöhung (über das heute schon genehmigte Kapital) sogar noch verstärken könnte. Für die bisherigen Aktionäre wäre wichtig, dass diese Kapitalerhöhungen zu Kursen durchgeführt werden, die den Entwicklungsstand von Evenamide auch nur annähernd widerspiegeln.

Diese Aussicht auf weitere Verwässerung klingt auf den ersten Blick natürlich nicht positiv. Betrachtet man die Ausgangslage jedoch aus etwas mehr Distanz, kann man das auch anders interpretieren.

Ist eine Verwässerung für die Aktionäre tatsächlich so schlimm?

Grundsätzlich gibt es für mich zwei Szenarien, wie Newron in zwei Jahren dasteht:

  • Wenn beide Studien erfolgreich sind, die Wirksamkeit nachgewiesen wurde und eine Zulassung ohne Zweifel zu erwarten ist, dann wird Newron eine Marktbewertung von sicher mehr als einer Milliarde haben – vermutlich eher zwei bis drei Milliarden (und das ist keineswegs die Obergrenze für ein Blue-Sky-Szenario).
  • Wenn die Studien keinen echten Erfolg bringen, wird Newron zwischen „Fast-Insolvenz“ und einer Marktkapitalisierung von vielleicht 50 Mio. notieren (sofern noch Hoffnung besteht, dass sich das mit einer anders aufgesetzten Studie „heilen“ lässt).

Für den Investor bedeutet das entweder eine Vervielfachung seines Investments oder eine nahezu vollständige Abschreibung.

  • Im Negativ-Szenario ist es eigentlich egal, ob diese Verwässerungen jetzt durchgeführt werden – es hat sogar Vorteile. Durch das zugeflossene Geld könnte die Chance bestehen, dass Newron überlebt, und der Restwert je Aktie wäre dann vermutlich (etwas) höher als ohne die Kapitalerhöhungen. Letztlich wäre dieses Szenario jedoch – unabhängig von den zwischenzeitlich getroffenen Kapitalmaßnahmen – (fast) ein Totalverlust.
  • Im Positiv-Szenario sieht das etwas anders aus: Angenommen, es gibt eine Verwässerung um 5 Mio. Aktien. Die Anzahl der Aktien würde damit von 20 Millionen auf 25 Millionen ansteigen (Optionsprogramme einmal außen vor gelassen). Betrachten wir ein Szenario, in dem die Marktbewertung nach positiven Daten 2 Mrd. beträgt:
    • Der Aktienkurs wäre dann bei 80 CHF (2 Mrd. / 25 Mio. Aktien).
    • Dem steht ein theoretischer Wert von 100 CHF je Aktie gegenüber, wenn die Verwässerung nicht stattgefunden hätte (die eingeworbenen Mittel einmal aussen vor gelassen). Umgekehrt betrachtet müsste die Marktkapitalisierung 2,5 Mrd. betragen, damit sie für den Altaktionär gleich attraktiv wäre.

Die Frage, die wir uns als Investoren in diesem Zusammenhang stellen müssen, ist, inwieweit die verwässernden Kapitalmaßnahmen (inklusive des damit eingenommenen Geldes) eine Höherbewertung von gut 20 % im Positiv-Szenario rechtfertigen?

Dafür gibt es schon einige Argumente: Renommierte Partner auf Investorenseite könnten bei möglichen Übernahmeverhandlungen eine entscheidende (werterhöhende) Auswirkung haben. Und ein zuvor sattgefundenes Nasdaq-Listing mit entsprechender Unterstützung der IPO-Partner könnte den Boden für ein höheres Übernahmeangebot bereiten. Zusätzlich hätte man mit den davor eingeworbenen Mitteln die Chance, neue Anwendungsfelder von Evenamide schon frühzeitig in Angriff zu nehmen (Bipolar, Depressionen und Alzheimer).

Die Zahlen zeigen jetzt nur ein Szenario (das natürlich ungewiss ist). Insgesamt wird aus den Überlegungen aber deutlich, dass die Verbreiterung der Aktionärsbasis eine deutliche Risikominimierung bewirkt und Chancenpotential hat – kombiniert mit verkraftbaren Nachteilen, die nur den Erfolg etwas verkleinern – nicht aber diesem Erfolg entgegenstehen.  Konkret: Ich persönlich wäre sehr gerne bereit, in Kauf zu nehmen, dass die Bewertung je Aktie (bei den Beispiel-Annahmen) dann „nur“ das Zehnfache des heutigen Werts beträgt – statt (theoretisch) das 12,5-Fache.

Sehr deutlich ist damit jedenfalls: Der Erfolg oder Misserfolg des Investments in Newron hängt nur in geringem Umfang von der emotional diskutierten möglichen Verwässerung ab. Der Erfolg des Investments hängt fast ausschließlich davon ab, ob der Wirkungsnachweis für Evenamide gelingt. Man könnte auch sagen – es wird ganz stark auf Dr. Ravi ankommen, darauf dass die Studien gut konzipiert sind und professionell abgewickelt werden. Herr Weber kann und soll natürlich mit geschickten Verhandlungen zum Erfolg beitragen. Wenn der medizinische Wirkungsnachweis gelingt, dann wird das aber nur ein einen kleinen Unterschied im Ergebnis bewirken, und wenn er nicht gelingt, dann ist der Beitrag leider auch marginal.

Medizinische Wirkung von Evenamide – neue Erkenntnisse

Bezogen auf die medizinische Wirkung hat Herr Weber noch einen interessanten Aspekt erwähnt.

Wie bekannt, beruht die Wirkung von Evenamide auf einer Normalisierung des Glutamatspiegels im Gehirn. Neue Tierversuche von Dr. Kane haben jetzt offenbar gezeigt, dass der Krankheitsverlauf initial sehr stark gemindert wird (die Krankheit gar nicht mehr so stark auftritt bzw. ausbricht), wenn Evenamide in einem frühen Stadium verabreicht wird. Beim ersten Auftreten von Symptomen ist der Glutamat-Level bei Patienten nachgewiesenermassen (zumindest bei Tieren!) viel zu hoch. Das würde Evenamide regulieren.
Aufgrund der heutigen Erkenntnisse (die zeitnah publiziert werden sollen) ist Newron der Meinung, dass Evenamide (auch) ein ideales Erstmedikament bei ersten Symptomen von Schizophrenie wäre. Das ist sehr interessant und könnte – bei aller Vorsicht der Übertragung von Tierversuchen auf den Menschen – die Wirkungsmechanismen transparenter machen. Die Plausibilität von Newron als wirksam für Patienten mit Schizophrenie könnte damit jedenfalls unterstrichen werden.

Unabhängig davon fokussiert sich Newron in der Strategie aber weiterhin ganz klar auf TSR als Add-on-Therapie. Die Ergebnisse zeigen, dass Evenamide in Kombination mit einem Grundmedikament besser wirkt als allein – zumindest bei Patienten, die bereits schwer erkrankt sind. D. h., es sprechen für diese Ausrichtung auf TSR
– einerseits medizinische Gründe: die Wirkung für den Patienten ist besser,
– andererseits aber auch klar kommerzielle Gründe: Es ist leichter, mit Evenamide als Add-on zu starten, weil der Arzt das Grundmedikament nicht absetzen muss. Er kann Evenamide auch einfach testen, um zu sehen, ob der Patient darauf anspricht (während er das Grundmedikament weiterhin einnimmt). Mit der Zeit kann er die Dosis des Grundmedikaments zurückfahren (und die von Evenamide hochfahren), bis ein optimales Verhältnis erreicht ist. Das sollte zu einer sehr schnellen Marktpenetration führen.

Evenamide ist jetzt der einzige Wirkstoff, der sich für TRS noch in der Pipeline befindet, nachdem KAR-XT von BMS als Add-on gescheitert ist. Herr Weber sagt, dass dieses Scheitern „mit Ansage“ gekommen sei, da der Wirkungsmechanismus von KAR-XT ebenfalls auf Dopamin aufbaut und es somit lediglich einer Dosiserhöhung entspricht, die keinen zusätzlichen Nutzen bringt. Das Scheitern von KAR-XT hat damit vielleicht den Risikoappetit von Big Pharma in dieser Indikation nochmals gebremst – der Markt für TRS ist damit aber offen und der „Medical Need“ bleibt weiterhin extrem hoch – beides Argumente für eine potentiell höhere Bewertung von Newron.

Ein neues Patent könnte den Wert von Evenamide deutlich steigern.

Eine weitere wertbeeinflussende Information: Newron hat auf der Frühjahrskonferenz berichtet , dass ein Patent für eine genauere Formulierung des Wirkstoffs angemeldet wurde (Solid State).
Das bedeutet, dass Newron eine neue, bisher nicht beschriebene kristalline Form von Evenamide gefunden hat (zum Beispiel ein polymorphes Gitter mit besserer Stabilität, eine Salzform mit verbesserter Bioverfügbarkeit oder ein amorphes oder hydratisiertes Präparat mit besseren Verarbeitungseigenschaften).
Dass das Patent gewährt wird, ist natürlich nicht sicher. Und selbst wenn, besteht weiterhin das Risiko, dass es von Generikaherstellern später angefochten wird. Der Schutz von Evenamide würde damit aber jedenfalls signifikant ansteigen. Wenn alles gut geht, wäre die Patentlaufzeit weitere 19 Jahre (!) ab jetzt gesichert. Das würde den Wert von Evenamide deutlich erhöhen und ist daher aus meiner Sicht jedenfalls sehr positiv zu bewerten. Die Übernahme eines Medikaments das noch für fast zwei Jahrzehnte geschützt wäre, ist jedenfalls viel wertvoller, als die Übernahmen bei einer Restlaufzeit von 5 Jahren (oder auch 10 in der EU).

Worauf es jetzt ankommt, sind die Chancen auf Zulassung.

Der Investment-Case von Newron steht und fällt mit der Einschätzung, ob die Wirksamkeit in den beiden Enigma-Studien nachgewiesen werden kann oder nicht.

  • Im ersten Fall ist Newron ein No-Brainer. Ob der Wert dann das Fünffache, Zehnfache oder Fünfzehnfache beträgt, hängt von den Umständen ab.
  • Wenn die Studien jedoch floppen, wird für die Aktionäre nicht viel übrig bleiben.

Die kritische Frage für die Ermittlung eines Erwartungswertes für den heutigen Wert von Newron ist somit eine seriöse Einschätzung der Zulassungswahrscheinlichkeit. ValuationLab geht in der letzten Studie von 65 % aus. Ein befreundeter Investor, der sich mit Pharmathemen sehr gut auskennt und die Studienergebnisse kritisch analysiert hat, geht jedoch nur von 35 % aus.

Seine validen Bedenken betreffen vor allem die PANNS-Verbesserungen in der Studie 008A, die zwar statistisch signifikant sind, aber nur einen geringen klinischen Nutzen darstellen (-2,5 gegenüber Placebo). In der Langzeitstudie 014/014 besteht zudem die Gefahr, dass die Ergebnisse erheblich durch den Teilnahmeeffekt beeinflusst sind, d. h., dass die Patienten teilweise schon deshalb eine Verbesserung erfahren haben könnten, weil sie an der Studie teilnehmen d.h. eng beobachtet und medizinisch versorgt wurden – unabhängig von der Wirkung von Evenamide. Diese Probleme sind nicht Newron vorzuwerfen. Sie sind zum Teil dem Krankheitsbild geschuldet. Psychiatrieprogramme haben grundsätzlich eine niedrige Erfolgswahrscheinlichkeit. Es gibt keinen klaren Biomarker, der zeigt, wie das Medikament wirkt. Zudem ist TRS kein homogenes Krankheitsbild, da es ganz verschiedene Ausprägungen gibt. Damit ist das Risiko verbunden, dass Evenamide bei einigen zwar wirkt, bei anderen aber nicht (und man a priori die einen von den anderen nicht unterscheiden kann). Erst die Phase III wird entscheiden, ob der Nachweis der Wirksamkeit gelingt.

Als Investor muss man sich dieser (sehr hohen) Risiken bewusst sein.

Der risikogewichtete Erwartungswert für eine „faire” Bewertung würde ich konservativ (unter sehr vereinfachenden Annahmen) so ermitteln:
– Annahme einer 2-Mrd.-Bewertung mit der Zulassung
– Annahme einer nur 35-prozentigen Wahrscheinlichkeit für den Erfolg und
– einem Abschlag für die Diskontierung von 25 % (grob: 2 Jahre x 12,5 %)
Das Ergebnis dieser Annahmen wäre eine „faire“ Marktkapitalisierung beim Stand heute von gut 500 Mio.  (2 Mrd. * 35 % * 0,75). Die Annahmen kann jeder Investor für sich treffen und daraus den entsprechenden Erwartungswert bilden. Bei meinen Annahmen und angenommen  25 Mio. Aktien (Verwässerung von 5 Mio. eingerechnet) entspräche dies jedenfalls einem Wert von 20 CHF je Aktie.  ValuationLab kommt im Übrigen im letzten Report (hier) (auf Basis einer DCF-Methode) auf einen risikogewichteten Wert von 23,20 CHF. Irgendwo in dieser Größenordnung würde ich den fairen Wert von Newron heute sehen. Bei diesem Preis hat ein Aktien-Investor, der um diesen Preis Newron-Aktien kauft, ein hohes Upside-Potenzial in Höhe einer Verfünffachung in zwei Jahren, aber auch das Risiko, dass die Studien floppen.

Was bedeutet das für die Bewertung des Potenzials von Newron in den nächsten Monaten?

Beim heutigen Kurs von 8 CHF ist das Chance-/Risikoprofil noch deutlich besser. Heute hat der Investor nach meiner Einschätzung (zusätzlich zu den Chancen/Risiken aus den Studienergebnissen) das Potenzial, dass sich der Kurs bis Ende 2026 dem fairen Wert annähert (und dieser steigt ja mit der Zeit weiter an, bis die Studiendaten veröffentlicht werden).

Das ist für mich ein wichtiger Aspekt. Ich rechne mit einem positiven Newsflow in den nächsten Monaten – und habe eine sehr hohe „Sicherheit“, dass es keine negativen Wirksamkeitsdaten geben wird.

  • In den nächsten Wochen erwarte ich die Publikation der Studie von Prof. Kane zum Wirkungsmechanismus von Evenamide.
  • Bis zum Spät-Sommer dürfte es auch eine Bekanntgabe eines Lizenzdeals für Lateinamerika geben.
  • Ende des Jahres/Q1 26 könnte ein Lizenzdeal für Europa verkündet werden.
  • Ende des Q1 2026 erwarte ich die Meldung, dass beide Studien mit dem zuletzt aufgenommenen Teilnehmer die Rekrutierung beendet haben.
  • Im Q4 2026 werden dann schließlich die absolut entscheidenden Ergebnisse der beiden Studien vorliegen.

Den Newsflow bezüglich der Aktionärsstruktur und Kapitalmaßnahmen kann ich nicht einschätzen. Diese könnten zwischenzeitlich natürlich für Störfeuer sorgen, im Ergebnis könnte das aber auch sehr positiv für den Kurs sein, wenn renommierte Partner (z. B. mit Behaltefristen) neu an Bord kommen.

Ein weiterer Aspekt ist die noch immer geringe Bekanntheit des Potentials von Evenamide – selbst unter Spezialisten in diesem Bereich. Die Skepsis ist noch sehr groß. Ich denke, wir haben die Chance auf eine deutliche Verbesserung innerhalb der nächsten 18 Monate. (Und erst dann werden die Studiendaten bekannt). Umgekehrt formuliert: Es gibt bis dahin eigentlich nur die Chance, dass sich das Sentiment dreht. Die Gefahr, dass die Daten schlecht ausfallen taucht erst in ca. 18 Monaten am Horizont auf. Bis dahin wird es keine schlechten Studiendaten geben (allerdings auch keine guten).

Nicht ausgeschlossen ist zusätzlich, dass sich im Laufe dieser 18 Monate doch ein großes Pharmaunternehmen für eine Übernahme zu einem attraktiven Preis entschließt. Der Übernahmepreis wäre (unter den selben Wertannahmen) dann natürlich nicht die vollen 2 Mrd. (als Annahme für den Wert mit Zulassung). Ein Übernehmer der z.B. im Sommer 2026 ein Angebot machen würde, würde ja das ganze Risiko der Studienerfolge übernehmen. Wenn er aber z.B. von einer Zulassungswahrscheinlichkeit von 50% ausgeht – dann wäre dann der faire Wert 1 Mrd. – oder 40 CHF je Aktie (bei 25 Mio. Aktien).

Die Chancen, dass der Aktienkurs von Newron sich vor diesem Hintergrund in den nächsten 12-18 Monaten positiv entwickelt erachte ich als sehr groß. Auf dem heutigen Kursniveau ist Newron für mich weiterhin ein sehr attraktives Investment – allerdings auch mit einem sehr hohen Rückschlagpotential, das ab Herbst 2026 evident wird. Aufgrund dieses Risikos kann Newron nur eine Beimischung in einem konservativ ausgerichteten Portfolio sein, da der Kapitalerhalt im Fall von negativen Studiendaten gefährdet ist. Im Gegenzug kann eine Kursvervielfachung (und das innerhalb von zwei Jahren) auch bei einer moderaten Gewichtung im Depot, dieses Depot massiv positiv beeinflussen.