Liebe Mit-Investoren!
Das Börsenjahr 2018 hat – trotz (oder gerade wegen) der doch weit verbreiteten Skepsis bezogen auf die Aktienmärkte – sehr positiv begonnen. Jetzt Ende Jänner /Anfang Februar zeigen sich aber erste Abkühlungserscheinungen. Der innere Wert (NAV) einer Aktie bzw. einer VERUS-Wandelschuldverschreibung konnte vor diesem Hintergrund gegenüber Ende 2017 auf einen Wert von 2.238 wieder leicht zulegen.
Gerne möchte ich die Gelegenheit dieses Investoren-Updates wahrnehmen, um zwei Unternehmen vorzustellen, die sich im Portfolio der VERUS befinden.
Bereits im letzten Zwischenbericht hatte ich auf SNP Schneider Neureither (SNP SE) hingewiesen. Dieses Unternehmen ist ein führender Anbieter von Software und Software-related-Services für Optimierungen und Transformationen von IT-Systemen vor allem im Zusammenhang mit Umstrukturierungen. (v.a. Mergers & Acquisitions, Splits, …) Immer wenn solche Maßnahmen anstehen – und das ist immer öfter der Fall – dann ist es notwendig, diese Veränderungen in IT der Unternehmen „nachzuziehen“. SNP hat dafür mit der Transformation Backbone® die weltweit erste Standardsoftware für die automatisierte Analyse und standardisierte Umsetzung von Änderungen in IT-Systemen entwickelt.
Um hier wirklich weltweit einen Standard zu setzen – das ist das erklärte Ziel von SNP – ist es allerdings auch notwendig, weltweit präsent zu sein. Um das zu erreichen, hat SNP in den letzten Jahren massiv Unternehmen (und damit ausgebildete Mitarbeiterkapazitäten) akquiriert. Wachstum, um den frei werdenden Platz schnell zu besetzen, steht bzw. stand eindeutig vor dem Ziel, Geld zu verdienen. Das hat zu einem kleinen Verlust in 2017 geführt und ist an der Börse nicht gut angekommen:
Vom Hoch bei fast 50 Euro vor einem Jahr sank der Kurs bis Ende 2017 auf unter 30 Euro.
Damit war das Unternehmen mit ca. dem Einfachen des für 2018 erwarteten Umsatzes bewertet. Das ist selbst für einen reinen IT-Service- bzw. Implementierungsanbieter nicht sehr viel. Für Software-Hersteller, die Umsatz und Ergebnis unabhängig vom eingesetzten Personal steigern können, werden normalerweise viel höhere Multiples bezahlt. Für Cloud-Anbieter (d.h. Anbieter mit einem Software-Mietmodell) wird derzeit oft sogar mehr als der 10fache Umsatz bezahlt.
Die Kernfrage des Investments ist es deshalb, ob SNP es in den nächsten Jahren schafft, sich (zumindest zu einen substantiellen Teil) zu einem Softwareanbieter zu wandeln. Die Ansätze dafür sind sehr positiv. Schon derzeit verkauft SNP Software: In den ersten 9 Monaten 2017 waren es 17% der Umsätze. Die Tendenz ist steigend. Im Q3 2017 alleine waren es schon 21%. Nun muss man wissen, dass SNP sehr ambitionierte Wachstumsziele hat. Bei EK-Forum im November wurden 400 Mio. Umsatz als Ziel für 2023 genannt (bei geplant ca. 150 Mio. in 2018). Das wird eine große Herausforderung, wenn man das ohne weitere Übernahmen schaffen will. Das wird nur möglich sein, wenn es gelingt, eine Skalierung über Software zu erreichen.
Ich persönlich halte die 400 Mio. für zu optimistisch, insgesamt bin ich aber sehr zuversichtlich, dass es SNP gelingen wird, in ein paar Jahren EBIT-Margen von deutlich über 10% zu erwirtschaften. Ganz vereinfacht könnten die Kennziffern z.B. in 2021/22 dann so aussehen, dass bei einem Umsatz von 250 Mio. ein Ergebnis vor Steuern von 30 Mio. erwirtschaftet wird.
Wenn der Marktwert an der Börse dann z.B. 400 Mio. beträgt (d.h. Kurs 73 je Aktie bzw. 240% des VERUS Einstandskurses von 30 Euro), dann hätten wir ein Marktwert/Umsatz-Verhältnis (P/S) von 1,6 (nicht 5 bis 8 für z.B. einen reinen Softwareanbieter) und ein Marktwert/EBIT-Verhältnis von 13. Damit wäre man (zumindest nach derzeitigen Maßstäben) trotz Verdoppelung nicht überbewertet. Wenn SNP es tatsächlich schaffen sollte, in 2023 bereits 400 Mio. Umsatz und eine Marge von z.B. 15% zu schaffen (was für einen Softwareanbieter kein Problem wäre), dann sieht das nochmals anders aus. Dann hätten wir auch bei einer Vervierfachung des Kurses noch keine Überbewertung: (MK: 750 Mio.; P/S: 1,9; P/EBIT: 7)
In dieser Konstellation sehe ich in SNP ein sehr gutes Chancen-Risiko-Potential. Wenn es SNP nicht gelingen sollte, sich zum Standard für automatisierte IT-Transformationen zu entwickeln und mehr oder weniger ein Serviceanbieter/Implementierungspartner bleibt (das ist das Risiko), dann ist die derzeitige Bewertung fair – ein Absturz ist nicht (mehr) zu erwarten (zumindest nicht nachhaltig – kurzfristige Turbulenzen kann es immer geben). Wenn es aber klappt, dann kann der Wert sich in den nächsten Jahren auch vervielfachen.
Ein weiterer Wert, den ich jetzt im Jänner mit einer ersten Position neu ins Portfolio aufgenommen habe, ist der dänische Schmuckhersteller Pandora A/S.
Auch Pandora ist ein gefallener Engel.
Seit dem Börsengang im Sommer 2011 legte die Firma eine fulminante Wachstumsstory hin. Innerhalb von fünf Jahren hat sich der Aktienkurs verzwanzigfacht. In derselben Zeit wurde der Umsatz auf gut 2,55 Mrd. € verdreifacht, während sich der Gewinn auf rund 850 Mio. € versechsfacht hat. Vor allem „Charms“-Armbänder und -Anhänger entwickelten sich bei der Zielgruppe zu wahren Kultobjekten und entfachten die Sammelleidenschaft.
Seit dem Sommer 2016 ist die Story aber verblasst. Seither hat der Kurs um über 40 % nachgegeben. Es stellt sich die Frage, aus welchem Grund aus dem einstigen Highflyer der Börse ein gefallener Engel wurde? Der Schlüssel ist der US-Markt, wo Pandora 25 % seines Umsatzes generiert. Das Wachstum ist auf diesem wichtigen Absatzmarkt zum Erliegen gekommen. Auslöser dafür ist ein geändertes Konsumverhalten. Shopping-Center werden weniger frequentiert, aber gerade dort war bzw. ist Pandora stark vertreten. Und weil die Aktie vor allem von US-Analysten bewertet wird, wird dieses US-Problem sehr hoch gewichtet.
Dabei wird aber übersehen, dass Pandora insbesondere in Asien weiterhin eine extrem positive Entwicklung verzeichnet und dass der Kursrückgang ja nicht nur den Aktienkurs, sondern auch die Bewertung sehr weit zurückgeführt hat. Die Gewinne sind seit 2016 ja nicht gesunken, sondern weiter deutlich gesteigert worden. Konkret hat Pandora den Umsatz im Jahr 2017 um weitere 12% gesteigert (15% in den eigenen Geschäften) und dabei einen Gewinn je Aktie von ca. 55 DDK erzielt. Bei einem Kurs von derzeit 560 DDK liegt das KGV damit schon bei fast 10. Und der Gewinn wird weiter steigen. Die Analysten gehen in den nächsten Jahren ja von folgenden erwarteten Gewinnen je Aktie aus: 2018: 63 DDK; 2019: 70 DDK; 2010: 79 DDK.
Natürlich muss man sich fragen, ob diese Einschätzung realistisch ist, wenn man sich den Aktienkurs ansieht. Ich denke ja. Erschwinglicher Schmuck mit Markenimage wie Pandora ihn anbietet, ist weiterhin begehrt. Pandora hat dabei insbesondere im Bereich der Anhänger, Ketten, und Ringe Aufholpotential. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Bain wächst der Luxusgütermarkt jährlich um 5 %, während sich Schmuck mit + 6,5 % sogar noch dynamischer entwickelt. HSBC ist zudem überzeugt, dass das größte Wachstumspotenzial in China und Kontinentaleuropa sowie im Onlinehandel schlummert. Gerade hier ist Pandora sehr gut aufgestellt.
Und noch ein ganz wesentlicher Punkt: Das Geschäftssystem von Pandora ist sehr ertrags- und cashflowstark. Pandora hat eindeutig die niedrigsten Produktionskosten in der Branche. Die Produktionskapazitäten von Pandora (in Thailand) sind fünfmal so groß wie die des nächsten Wettbewerbers. Und Pandora muss nur 5% des Umsatzes in Investitionen stecken – trotz des Wachstums. Bei einer EBITDA-Marge von über 35% bleibt damit der Großteil des Gewinnes als freier Cash-Flow zur Verfügung. Pandora nutzt diesen Cash-Überschuss für eine hohe Dividende (Dividenden-Rendite über 6%!) und für Aktienrückkäufe.
Kann bei dieser Investition etwas schiefgehen? Ja natürlich. Die Produktoffensive, die Pandora angestoßen hat, könnte bei den Kunden schlecht ankommen. Ein stark steigender Silberpreis könnte die Margen erodieren lassen. Der Umbau des Vertriebs von Franchise auf Eigen-Konzept-Stores könnte sich als Flop erweisen, etc. Es gibt viele Gründe, weshalb angestrebte Ziele ggf. nicht erreicht werden können. Eine Investition in ein Unternehmen ist deshalb immer auch ein Abwägen von Chancen und Risiken. Ich denke, dass beim derzeitigen Kurs die Risiken höher bewertet sind als die Chancen.
Es muss aber auch klar sein, dass man sich mit einem Investment im Moment deutlich gegen die Mehrheitsmeinung stellt. Der Kurs geht laufend zurück. Nur weil ich jetzt Aktien kaufe, heißt das nicht, dass sich das ändert. Und günstig bewertet war Pandora bei 600 DKK auch schon. Als Investor muss ich mich deshalb auch fragen, ob ich es aushalte, wenn Pandora weiter auf 500 oder auch 400 fällt? Wenn die Ausganglage so bleibt, wie sie ist, das Unternehmen die richtigen Schritte für weiteres Wachstum einleitet, dann kann ich die Frage eindeutig mit „Ja“ beantworten. Um bei der „Herrchen-Hund-Analogie“ von Kostolany zu bleiben: Es kommt auf das Tempo des gehenden Herrchens darauf an. Ob der Hund dann halt noch ein wenig weiter nach hinten abfällt, ist irrelevant. Das wird sich aber über Zeit wieder auflösen. Niedrigere Kurse in den nächsten Wochen werde ich deshalb nutzen, um meine Position noch auszubauen.
Ich freue mich auf ein spannendes Jahr 2018 und danke allen Investoren für ihr Vertrauen.
Helmut
Vaduz, 1. Februar 2018
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Investment Lessons by Warren Buffett and Charlie Munger:
“The most important quality for an
investor is temperament, not intellect.
You need a temperament that neither
derives great pleasure from being with
the crowd or against the crowd.”