Was sagt Ihnen als Anleger ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 60 für eine Aktie? Dass diese Aktie völlig überbewertet ist? Rein rechnerisch braucht dieses Unternehmen 60 Jahre, um nur den heute schon zu bezahlenden Preis zurückzuverdienen. Viel zu lange für einen Value-Investor – und trotzdem: Diese Kennzahl alleine sagt rein gar nichts aus. Das Unternehmen kann hoffnungslos überbewertet sein … oder aber auch ein tolles Investment!
Fast jeder Anleger muss einen Entwicklungsweg durchmachen oder manchmal (auch „durchleiden“). Am Anfang meiner Investoren-Erfahrung habe ich auch sehr stark auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis geschaut und geglaubt, damit die künftige Kursentwicklung vorhersagen zu können. Ich dachte: „Eine Aktie mit einem KGV von 7 muss doch billig sein (und steigen, nachdem ich sie gekauft habe)“? Und „eine mit KGV von 25 muss doch überwertet sein“? Das war zumindest meine naive Herangehensweise – mit durchwachsenem Erfolg. Ich möchte in diesem Beitrag erläutern, wie man das besser machen kann.
Ausgangspunkt ist ein Chart, den ich bei Brian Feroldi gefunden habe:
Das Bild zeigt die Entwicklungsphasen eines erfolgreichen Unternehmens.
Phase 1: Die Gründung: Zuerst bei der Gründung des Unternehmens entsteht Aufwand für die Entwicklung des Produktes, für erste Pilotkunden, etc. Dem steht aber kaum ein Umsatz gegenüber. Jedes Start-up steht am Anfang in dieser Phase. Eine Bewertung mit Hilfe eines KGV ist in dieser Phase völlig nutzlos. Hier ist es eher ein „Price-to-Hope“-Verhältnis. Die Seed-Investoren glauben an die Idee und das Gründerteam und sind deshalb bereit, Geld zur Verfügung zu stellen. Eine echte Bewertung ist in dieser Phase kaum möglich – nur eine Abschätzung der Erfolgschancen und des Potentials, für den Fall, dass es tatsächlich gelingt, die geplanten Ziele zu erreichen.
Phase 2: Der Unternehmensaufbau und Wachstum: In dieser Phase steigt der Umsatz stark an. Gleichzeitig sind noch hohe Kosten für das Wachstum zu verkraften. Gewinn stellt sich zwar im Laufe der Zeit ein – die Gewinnmarge ist aber weit weg von dem, was theoretisch möglich ist. In dieser Phase sieht so ein (erfolgreiches) Unternehmen – gemessen am KGV – immer zu teuer aus. Was auch klar ist: Angenommen man hat erst eine Gewinnmarge von 1% erreicht. Das Ziel im eingeschwungenen Zustand wäre aber eine Marge von 10%. Dann ist ein KGV von 60 keinesfalls hoch! Im Gegenteil das würde in einem entwickelten Zustand nur einem KGV von 6 entsprechen (10 mal niedriger, da nur 1/10 der Marge) – und das Wachstum bekommt man noch dazu. Eine KGV-Betrachtung führt in dieser Phase der Unternehmensentwicklung zu vielen Fehlinterpretationen und vielen kostspieligen Fehlern (wie z.B. zu früh verkaufen, gar nicht erst anfassen, etc. ).
Phase 3: Das entwickelte Unternehmen: In dieser Phase der Unternehmensentwicklung zeigt sich das Gewinnpotential. Die Kosten sind optimiert und die Marge ist voll entwickelt. In dieser Phase (und nur in dieser Phase) macht eine Beurteilung einer Investitionsentscheidung auf Basis des KGV grundsätzlich Sinn. Aber auch hier gibt es aber viele Fallstricke.
Ein ganz wichtiger Faktor ist die Zyklizität. Ein zyklisches Unternehmen hat keine stabile Gewinnmarge. Im Gegenteil, im konjunkturellen Aufschwung steigt der Gewinn z.B. eines Stahlproduzenten stark an und in der Rezession kann der Gewinn ganz verschwinden und in einen Verlust umschlagen. Wenn jemand eine Stahlaktie mit einem KGV von 5 kauft, dann ist das vermutlich keine so gute Entscheidung. Weil das konjunkturelle Umfeld gut und der Gewinn so gestiegen ist, ist auch der Kurs entsprechend hoch. Wenn dann der Gewinn in der Rezession sinkt, dann steigt das KGV in astronomische Höhen, obwohl der Kurs steil nach unten geht. D.h. der Anleger kauft sich ein Unternehmen zu einem hohen Preis mit vermeintlich günstiger Bewertung und hat 2 Jahre später einen hohen Kursverlust und ein Unternehmen im Depot, das nach KGV sehr teuer ist!
Der zweite Fallstrick ist, dass die Entwicklung eines Unternehmens nie so idealtypisch abläuft. Jedes Unternehmen hat Elemente mehrerer Phasen. Vielleicht ist ein Teil des Unternehmens typisch in der Phase 3. Gleichzeitig gibt es aber andere Wachstums-Segmente, die noch in Phase 2 stecken. Dann kann ein höheres KGV durchaus günstig sein, gegenüber einem Unternehmen, das zwar auch in Phase 3 steckt – ein zweites Segment aber bereits in Phase 4 ist.
Phase 4: Abschwung: Unternehmen, die den Höhepunkt bereits überschritten haben, sind ein ganz gefährliches Feld für Investoren. Typischerweise zahlen solche Unternehmen hohe Dividenden und haben optisch eine sehr günstige Bewertung. Anleger, die im Jahr 2008 Nokia bei einem KGV von 10 gekauft haben, kennen das Problem. Die Aktie ist durch den Wettbewerbsnachteil bei den Handys gegenüber Apple in folgenden 4 Jahren um 90% gefallen – und bei dem niedrigen Kurs gab es dann gar kein KGV mehr, da hohe Verluste.
Was bedeutet das nun in der Praxis? Ich möchte dazu das Beispiel von Secunet Securities nennen, das den größten Wertbeitrag zur Entwicklung des inneren Wertes von VERUS im April 2021 geliefert hat. Vor genau zwei Jahren – Anfang Mai 2019 – hatte ich das letzte Mal meine Einschätzung zu Secunet dokumentiert. Damals – bei Kursen von 115 Euro – habe ich geschrieben:
Secunet ist die größte Depotposition im Bestand der SVB. Und Secunet ist – so wie Hypoport – ein Paradebeispiel für eine langfristig hervorragende Entwicklung, an der man als Aktionär voll mitpartizipieren kann.
Am Chartverlauf sieht man aber auch, dass man in den letzten 1,5 Jahren keine Wertsteigerung im Kurs gesehen hat – obwohl sich die Fundamentaldaten der Firma in der Zeit hervorragend entwickelt haben.
Bereits Mitte 2017 wurde das Kursniveau erreicht, das jetzt wieder zu beobachten ist. Und im zweiten Halbjahr 2018 ist der Kurs um fast 40% gesunken. Und zwar ohne, dass es schlechte Nachrichten gegeben hätte.
Natürlich wird sich ein Aktionär der Mitte 2018 bei Kursen um 130 in Secunet eingekauft hat, gefragt haben, ob er einen Fehler gemacht hat, als der Kurs 4 Monate später unter 85 lag? Wenn er zu dieser Zeit – nur weil der Kurs gesunken ist – aus Angst falsch zu liegen verkauft hat, dann hat er sicher einen Fehler gemacht.
Secunet ist in einem sehr stark wachsenden Markt tätig (Digitale Sicherheit/Nachrichtenverschlüsselung), hat einen immensen Wettbewerbsvorsprung (gerade öffentliche Auftraggeber kann man nicht von heute auf morgen überzeugen) und wird sehr nachhaltig geführt (alle Entwicklungsaufwendungen werden z.B. sofort als Aufwand verbucht und nicht aktiviert). Gerade am Freitag hat Secunet folglich auch schon die Prognose für das Jahr 2019 zum ersten Mal nach oben korrigieren „müssen“. Es könnte nicht das letzte Mal gewesen sein. Und in 5 Jahren wird auch derjenige, der um 130 gekauft und daran festgehalten hat, mit seinem Investment vermutlich sehr zufrieden sein.
Beim damaligen Kurs von 115 Euro lag das KGV (Basis Vorjahr) bei 41. Und wie ist die Situation heute?
Heute liegt der Kurs bei über 350 Euro – d.h. er hat sich verdreifacht! Und trotzdem könnte man fast genau das selbe wieder schreiben. Bei Secunet ist es inzwischen schon fast Tradition, dass man die Umsatz- und Ergebnisprognosen im Laufe des Jahre weit nach oben korrigieren muss. Noch im März hatte Secunet die Prognose für das Jahr 2021 mit „Umsatzerlösen um 260 Mio. Euro und einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) um 38 Mio. Euro“ angegeben. Jetzt zwei Monate später bei der Vorlage der Zahlen für das 1. Quartal klingt das so: “
„Die Secunet Security Networks AG hat im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2021 deutlich bessere Ergebnisse erzielt als zu Beginn des Geschäftsjahres erwartet. .. der Konzernumsatz (ist) im Jahresvergleich um 118 % (!!) oder 38,6 Mio Euro auf 71,2 Mio. Euro gestiegen. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) verbesserte sich auf 12,2 Mio. Euro (Q1 2020: 0,0 Mio. Euro).
Der Auftragsbestand zum 31. März 2021 betrug daher 176,9 Mio. Euro und lag ebenfalls deutlich höher als zum gleichen Vorjahresstichtag (115,2 Mio. Euro) … Vor diesem Hintergrund… erhöht der Vorstand der Secunet AG seine Gesamtjahresprognose: erwartet werden nun Umsatzerlöse um 330 Mio. Euro und ein EBIT um 59 Mio. Euro (Geschäftsjahr 2020: Umsatz 285,6 Mio. Euro, EBIT 51,6 Mio. Euro).
Das bedeutet: Der Umsatz wurde im Q1 ggü. dem Vorjahr mehr als verdoppelt und die Prognose für den Umsatz wird mit 330 Mio. schon nach dem 1. Quartal um fast 30% nach oben korrigiert. Die Prognose für das EBIT wird sogar um über 50% nach oben gesetzt. Und ich bin sicher, dass auch das wieder konservativ ist und nochmals eine „Gewinnwarnung“ nach oben nicht unwahrscheinlich ist.
Was hat sich in diesen letzten zwei Jahren geändert? Vor zwei Jahren wurde die Umsatzprognose für das laufende Jahr von 165 Mio. auf 190 Mio. hinausgesetzt. Und die EBIT-Prognose von 25 Mio. auf 30 Mio. Secunet hat damit in den drei Jahren das Geschäftsvolumen und den Gewinn verdoppelt! Vor dieser Entwicklung relativiert sich auch der Kursanstieg um 300%. Klar die Bewertung ist gestiegen. Von einem KGV (Basis VJ) von 41 auf 66. Nach klassischer Sichtweise ist aber beides viel zu viel. Das KGV von 37 im Jahr 2012 bei einem Kurs von 20 Euro (gerade mal 6% des heutigen Kurses!) wäre aber auch schon viel zu hoch gewesen (vor allem, nachdem sich der Kurs im Jahr davor gerade verdoppelt hatte). Und das KGV von 73 im Jahr 2017 (nachdem sich der Kurs gerade verdreifacht hatte) wäre nach klassischer Sichtweise jedenfalls ein Grund gewesen die Finger von Secunet zu lassen. Und trotzdem steht der Kurs heute mehr als dreimal so hoch.
Für den langfristigen Investor ist Secunet ein Paradebeispiel dafür, dass es darauf ankommt, in Unternehmen investiert zu sein, die sich in Ihrem Wettbewerbsumfeld einen Moat/Burggraben, d.h. einen Wettbewerbsvorteil erarbeitet haben. Wenn man fast monopolartig wachsen kann, dann ist man als Miteigentümer in einer sehr positiven Position.
Eine der wichtigsten Lektionen ist aber, dass der Gewinn des Investors nicht darin liegt, ein Unternehmen mit KGV von 10 zu kaufen und auf steigende Kurse aufgrund einer Bewertungsausweitung zu hoffen. Das ist nicht „investieren„, sondern „spekulieren„. Wer glaubt klüger zu sein als alle anderen und immer einen „Dümmeren“ zu finden, der einem die Aktien des (gleich aufgestellten) Unternehmens zu einem teureren Preis abkauft, wird über kurz oder lang dem Markt hinterherhinken.
Es ist ein Missverständnis eines Anlegers, wenn er glaubt das Geheimnis des Erfolges liege darin, ein Unternehmensanteil (=Aktie) günstig zu kaufen und denselben Unternehmensanteil dann teuer wieder zu verkaufen. Nein, das Geheimnis liegt darin, sich an einem erfolgreichen Unternehmen zu beteiligen und dann über viele Jahre an dieser erfolgreichen Entwicklung mitzupartizipieren. Das ist extrem wichtig zu verstehen! Nach Jahren verkauft der Anleger in diesem Fall nicht denselben Unternehmensanteil. Nein, dann verkauft er einen Anteil eines viel weiter entwickelten Unternehmens, der dann auch viel mehr wert ist. Deshalb ist Börse ja auch nicht ein Nullsummen-Spiel, bei dem man nur gewinnen kann, wenn ein anderer verliert. In Summe gewinnen ALLE (!!) – und zwar ca. 7% pro Jahr. Die Gewinne sind nur nicht gleich verteilt unter den Anlegern. Wenn man sich von Angst und Gier – oder auch von blinder Verfolgung fixer Bewertungsvorstellungen – leiten lässt, dann ist man in Gefahr, zu den Verlierern zu gehören.
In Summe kann man nur den Rat geben: Statt nach einem günstigen KGV zu suchen, ist es besser, erfolgreiche Unternehmen zu finden, sich daran zu beteiligen und sich dann nicht von den Emotionen rausschütteln zu lassen.
Wie finde ich erfolgreiche Unternehmen?
Es gibt einige wesentliche Kriterien, die bei erfolgreichen Qualitätsunternehmen gegeben sind:
- Wachstum über Markt und Konkurrenzniveau/Burggraben: Über viele Jahre und Jahrzehnte deutlich über Markt- und Konkurrenzniveau zu wachsen, ist meistens kein Zufall, sondern zeigt, dass das Geschäftssystem funktioniert und das Unternehmen über nachhaltige Wettbewerbsvorteile verfügt, da sonst die Konkurrenz dieses offensichtlich lukrative Geschäftsmodell längst kopiert hätte und so für eine Verlangsamung des Wachstums gesorgt hätte. Solche Burggräben sind eine extrem wichtige und wertsteigernde Eigenschaft für ein Unternehmen und die richtige Einschätzung der Nachhaltigkeit so eines Wettbewerbsvorteils kann entscheidend sein für den Anlageerfolg. Die wichtigsten Quellen von solchen nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen sind: Starke Marken (Apple, Coca-Cola), Hohe Wechselkosten (SAP, Hypoport), Günstigste Herstellungskosten (Amazon, Hannover Re), Know-how und Patente (Secunet) und Netzwerkeffekte (Alphabet, Facebook, Visa)
- Skalierbarkeit: Ein attraktives Geschäftsmodell ist dadurch gekennzeichnet, dass das höhere Wachstum zu einer Fixkostendegression und damit zu höheren Margen (bzw. der Möglichkeit die Preise zu senken) führt. Wenn 10% mehr Umsatz mit 5% (oder auch nur 1%) mehr an Kosten möglich ist, dann ist das attraktiv. Ein Unternehmen, das für 10% mehr Umsatz auch 10% mehr an Kosten benötigt, ist dagegen viel weniger attraktiv.
- Hohe Kapitalrenditen: Langfristig entscheidet die Kapitalallokation über die Schaffung von Wert in einem Unternehmen. Wenn ein Unternehmen eine Kapitalrendite von z.B. 20% hat, dann kann das Unternehmen mit 20% wachsen, ohne auf externe Mittel angewiesen zu sein. Und über den Zinseszinseffekt kann sich so ein Unternehmen im Wert alle vier Jahre verdoppeln. Hohe Kapitalrenditen sind darüber hinaus ein Zeichen für einen Wettbewerbsvorteil. Wenn es leicht wäre das Geschäft zu kopieren, dann würden ja Wettbewerber über deren Angebot sofort die Kapitalrenditen wieder auf ein niedrigeres Niveau drücken.
- Geringe Schulden/Bilanzrelationen: Einen Teil des Wachstums über Fremdkapital zu finanzieren, kann durchaus im Sinne des Aktionärs sein. Das muss aber mit Maß und Ziel erfolgen. Und hohe Renditen auf das Eigenkapital dürfen nicht aufgrund von Leverage-Effekten erzielt worden sein. Die Rendite auf das Gesamtkapital muss stimmen. Die Verschuldung muss in einem vernünftigen Ausmaß zur Cash-Flow-Generierung stehen.
- Cash-flow-Generierung: Am Ende zählt nicht der buchhalterische Gewinn, sondern der Geldzufluss. Unternehmen, die viel höhere Gewinne ausweisen, als sie echten Cash-Flow generieren, sind kritisch zu sehen. Vor allem die aggressive Aktivierung von Entwicklungsleistungen ist so ein Faktor, der den Gewinn künstlich aufblasen kann. Wichtig ist auch zu verstehen, welche Kapitalintensität ein Geschäftsmodell hat. Wenn der Gewinn sofort wieder in Anlagen gesteckt werden muss, nur um weiter konkurrenzfähig zu sein, dann ist das natürlich viel weniger attraktiv als z.B. bei einem Softwareanbieter, bei dem der Cash-Flow genutzt werden kann, um neue Kunden zu gewinnen oder neue Leistungen anzubieten.
- Gutes Management: Die Qualität des Managements entscheidet sich vor allem über die Kapitalallokation. Im Laufe einer CEO-Karriere ist es sehr oft der Fall, dass dieser CEO ein Mehrfaches dessen investiert, wie das Unternehmen in Summe wert ist. Wenn diese Investitionen gut sind – in Geschäftsfelder mit attraktiven Economics – dann wird das Unternehmen nach dieser Zeit sehr gut dastehen. Und wenn das schlechte Investitionen sind, dann kann das desaströs sein. Das betrifft vor allem auch Akquisitionen. Familienunternehmen haben hier oftmals einen großen Vorteil. Wenn eine Familie signifikant investiert ist, dann ist die Gefahr von Empire-Building viel kleiner und wird viel nachhaltiger investiert.
Wie vermeidet man von Emotionen getriebene falsche Entscheidungen?
Gute, erfolgreiche Unternehmen zu finden, die Wert generieren, ist nur die halbe Miete. Dann im Verlauf der Investition die Emotionen im Griff zu behalten, ist für den Anleger genauso entscheidend. Auch beim besten Unternehmen kann und wird der Kurs aufgrund der Emotionen des Marktes auch dann und wann um 50% fallen. Das ist bei Secunet z.B. in den letzten 20 Jahren 7 mal passiert. Und in jedem (!) dieser letzten 20 Jahre ist Secunet zumindest einmal um über 30% vom letzten Hochpunkt gefallen. Wenn das Unternehmen in seiner Grundentwicklung erfolgreich ist, dann wird das immer wieder aufgeholt werden. Wer deshalb ausstiegt, weil der Kurs fällt, macht genauso einen Fehler, wie der, der verkauft, weil das KGV so hoch ist. Verkaufen soll man so ein Unternehmen dann, wenn man Zweifel an der Fähigkeit des Unternehmens hat, den Burggraben zu erhalten bzw. weiter zu wachsen. Wenn die Entwicklung des Unternehmens nicht mehr passt, dann soll man verkaufen – aber nicht, weil der Kurs einmal fällt. Umgekehrt kann ein steiler Kursanstieg – eine Euphorie im Kurs – natürlich ein Argument sein, eine Position auch einmal zu verkleinern (bzw. nicht zu groß werden zu lassen). Die Wahrscheinlichkeit, dass auf so eine Phase auch wieder eine Phase der Beruhigung kommt und der Kurs zurückkommt, ist natürlich hoch. Aber aus Erfahrung kann ich sagen, dass es sehr, sehr schwierig ist (um nicht zu sagen unmöglich), dann den richtigen Wiedereinstieg zu finden.
Mein Ansatz ist deshalb ganz klar darauf ausgerichtet, die Volatilität auszusitzen und immer voll investiert zu sein. Das kann natürlich manchmal unangenehm sein, wenn man in Krisenzeiten auf die Kurstafel schaut. Aktien mit optisch hohen KGVs sind besonders gefährdet in solchen Phasen unter die Räder zu kommen.
Das ist auch klar: Der Optimismus der Anleger schlägt in diesen Phasen in Pessimismus um und die typischen Untergrenzen für den Kursrückgang wie ein hoher Buchwert, eine hohe Dividendenrendite oder eben ein optisch niedriges KGV gibt es bei diesen Unternehmen dann nicht. Die Kursrückgänge von Unternehmen mit optisch hohen KGVs sind dann meistens noch schmerzhafter. Wenn man sich im Gegenzug aber über die Qualität der Unternehmen im Portfolio sicher ist, dann kann man solche Phasen gut durchstehen. Die wirklich guten Unternehmen werden aus einer Krise gestärkt hervorkommen. Natürlich wäre es in diesem Szenario besser gewesen, den Kursrutsch abzuwarten und dann zuzukaufen. Im Nachhinein ist man immer gescheiter. Bei Qualitätsunternehmen ist die Zeit aber auf der Seite der Anleger. Selbst wenn – man im Nachhinein gesehen – günstiger hätte kaufen können: das Unternehmen wird im Wert wachsten – weit über den Einstandskurs hinaus. Wer heute Unternehmen wie z.B. Hypoport, Secunet oder auch Google, Apple, Amazon schon seit mehr als 5 Jahren im Depot hat, für den spielt der Einstandswert keine Rolle. Die Beteiligung an diesen Unternehmen ist bei jedem Einstandswert von damals ein Erfolg.
Der Rat für einen Anleger kann deshalb nur sein: Suche nicht nach einem günstigen KGV, sondern suche ein erfolgreiches Unternehmen, beteilige dich langfristig an diesem Erfolg und lass dich nicht von den Emotionen rausschütteln.
Ich versuche das bei VERUS Capital Partners so umzusetzen.