Im zweiten Anlauf hat es geklappt. Das Übernahmeangebot für die Aareal-Bank war erfolgreich. Knapp 75% der Aktien wurden zu einem Preis von 33 Euro angedient.
Ich hatte Aareal im August des letzten Jahres vorgestellt (hier) und die Entwicklung seither war für uns Aktionäre sehr erfreulich.
Schon kurz nach dem Kauf und der Vorstellung hier zeigte der Kurs eine hohe Stärke. Und mit der Veröffentlichung des ersten Übernahmeangebotes schoss der Kurs auf 29 Euro hoch. Als das Angebot gescheitert war, kam der Kurs wieder kurzfristig auf 23 Euro zurück. Mit der Ankündigung des zweiten Übernahmeangebot stieg der Kurs dann schnell auf über 32 Euro. Dort ist er jetzt mehr oder weniger stabil. Mit der Erfüllung aller Angebotsbedingungen ist jetzt klar, dass die Übernahme geklappt hat und die Bieter fast 75% der Aktien angeboten bekommen haben. Vor diesem Hintergrund stellt sich für den Aareal-Bank-Aktionär (der noch nicht angeboten hat, wie VERUS) die Frage, was er machen soll.
Grundsätzlich gilt jetzt die Nachfrist-Regel. D.h. jeder Aktionär, der bisher nicht angedient hat, kann dies in der Nachfrist bis zum 13. Juni noch nachholen. Die Abwicklung des Angebotes wird sich aus regulatorischen Gründen allerdings bis Ende des Jahres – eventuell sogar bis ins erste Quartal 2023 ziehen. D.h. bis das Geld auf dem Konto ist, wird es noch dauern. Das ist auch der Grund weshalb die Aktien jetzt mit einem Abschlag etwas unter den angebotenen 33 Euro an der Börse notieren. Trotz des Abschlages kann es deshalb sinnvoll sein, über die Börse zu verkaufen um nicht 8-10 Monate auf die Liquidität warten zu müssen (andererseits kann man dort jetzt fast risikolos Überschuss-Liquidität parken).
Die Frage ist, ob ein Andienen oder Verkaufen auf dem Niveau von 33 Euro jetzt sinnvoll ist?
Um sich dieser Frage zu nähern, ist es sinnvoll, sich das Bieterkonsortium anzusehen. Das sind einerseits PE-Investoren (Advent, Centerbridge), die aus ihren Investments für ihre Kunden grundsätzlich eine hohe Rendite einfahren wollen. Nach deren Rechnung ist ein Kauf des Unternehmens zu 33 Euro sinnvoll und bietet die Chance auf sehr gute Erträge über die nächsten 3 bis 5 Jahre (sonst hätten diese das Angebot ja nicht gemacht). Zusätzlich sind im Angebotskonsortium einige Aareal-Aktionäre, die sich bis vor kurzem vehement gegen eine Übernahme gestellt hatten (Petrus Advisors, Talaomon Capital, Teleios). D.h. diese Aktionäre haben ihre Aktien jetzt zwar angedient – werden dafür aber an der neuen Mehrheits-Eigentümerin der Aareal-Bank beteiligt. Materiell haben sie damit ihre Aareal-Anteile (zumindest zu einem guten Teil) gar nicht verkauft, sondern nur den Rechtsträger getauscht. Auch diese Aktionäre gehen damit davon aus, dass die Aareal auf dem Niveau von 33 Euro ein gutes Investment ist.
Vor diesem Hintergrund (und der Betrachtung des operativen Geschäftes) sprechen eigentlich viele Argumente dafür, bei der Aareal an Bord zu bleiben. Dazu kommt, dass die Bieter zeitnah versuchen könnten ihre Anteil weiter zu erhöhen bzw. den Einfluss auszuweiten. Ein erster Schritt wäre im Normalfall ein Gewinnabführungsvertrag. Bei über 75% Beteiligung wäre das ja möglich. Dann würde es ein Gutachten geben, das ggf. auf einen deutlich höheren Wert als 33 Euro kommt (bzw. würde der Wert im Gutachten durch ein Gericht überprüft). Im Übernahmeangebot wird so ein Gewinnabführungsvertrag allerdings ausgeschlossen. Und ich denke, dass dies realistisch ist, weil wohl die BaFin etwas dagegen hätte, wenn ein Gewinnabführungsvertrag für eine Bank abgeschlossen würde. Um den Einfluss auszuweiten, bliebe den Bietern damit nur weitere Aktien am Markt zu kaufen. Sie dürfen die nächsten 12 Monate aber nicht mehr als die 33 Euro zahlen – weil sonst alle diejenigen, die jetzt angedient haben, eine Nachbesserung erhalten müssten.
Kurzfristig – d.h. über die nächsten 12 Monate ist damit kaum mit einem Kurs über 33 Euro zu rechnen. Es ist im Gegenteil davon auszugehen, dass nach der Abwicklung der Übernahme die Handelbarkeit der Aktie deutlich sinken wird. Das muss zwar für einen kleineren Aktionär kein großes Problem sein – der Streubesitz wird dann immer noch mehrere hundert Mio. groß sein. Es ist aber davon auszugehen, dass nach dem 13. Juni der Kurs zumindest zeitweise nochmals deutlich nachgibt, wenn der Großaktionär nicht das niedrige Niveau für Käufe nutzt.
In der Beurteilung der Vorteilhaftigkeit ist zudem zu berücksichtigen, dass es in der Zwischenzeit viele andere Unternehmen zu deutlich günstigeren Preisen zu kaufen gibt, als das zum Zeitpunkt meiner Analyse im Sommer letzten Jahres der Fall war – und der Kurs der Aareal liegt jetzt 50% höher. Das Chance-Risiko-Profil hat sich damit deutlich zu Ungunsten der Aareal verschoben. Dazu kommt, dass man hier in einer Sondersituation investiert ist, die nicht (nur) von der Entwicklung des Geschäftes abhängt. In so einer Sondersituation besteht immer in der Gefahr, dass man als Minderheitsaktionär übervorteilt wird. Das könnte z.B. durch Strukturmaßnahmen (z.B. Verschmelzungen mit anderen Gesellschaften, wie am Beispiel MyHammer gesehen) erfolgen. In diesen Fällen sitzt man dann am kürzeren Hebel. Andererseits sind bei der Bieterin mehrere Interessen am Tisch. Es erscheint ziemlich wahrscheinlich, dass das eine Kontrollwirkung hat. Ein zu günstiger Verkauf der Aareon-Softwaretochter an Advent wäre zum Beispiel ein großes Risiko, wenn Advent der einzige Mehrheitseigentümer wäre. Wenn so ein Vorschlag aber in dieser Bieter-Konstellation auf den Tisch kommt, dann würden z.B. Petrus Advisors sicher etwas dagegen haben.
Das Gesamtbild ist damit nicht klar schwarz oder weiß. Kurzfristig ist bei Aareal – nach meiner Einschätzung – aber kein Kurstreiber in Sicht und langfristig gibt es auch viele andere Unternehmen, die eine gute Performance versprechen.