Prognosen sind schwierig – vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen

Der Wert des VERUS-Depot hat im November nochmals um 2,9% nachgegeben und liegt jetzt gegenüber dem Jahresanfang um gut 14% im Minus. Das ist natürlich unerfreulich und der eine oder andere Investor wird sich fragen, ob das nicht zu vermeiden gewesen wäre.

Ja, wenn man die kurzfristige Entwicklung an den Märkten voraussagen könnte (der DAX und der SDAX haben heuer auch jeweils über 12% verloren), dann wäre das wohl möglich gewesen. Nur kenne ich niemandem dem diese Form von Prognose nachhaltig gelungen wäre. Ja natürlich, wer 10 mal würfelt,  hat eine gute Chance auch einmal einen 6er zu würfeln. Und wer alle 3 Monate einen Kurssturz prognostiziert, wird auch einmal recht haben.  Aber das ist keine Basis für einen Investor – höchstens für einen Spekulanten. Ich kenne jedenfalls niemanden, der mit Market-Timing richtig reich geworden wäre. Ich kenne aber sehr viele Menschen, die mit der langfristigen Beteiligungen am Erfolg von Unternehmen reich geworden sind.

Die Frage für mich als Investor lautet damit nicht, ob ich den Markt falsch eingeschätzt habe, sondern ob ich in die richtigen Unternehmen investiert bin.  Wenn ich auf das Bild vom Spaziergänger mit dem Hund zurückkomme (vgl. http://verus.li/vom-spaziergaenger-mit-dem-hund/), dann lautet die Frage damit nicht, ob der Hund (der Markt) gerade einen Hacken geschlagen und kurzfristig zurückgerannt ist, sondern ob der Spaziergänger (das Unternehmen) noch zügig unterwegs ist und man davon ausgehen kann, dass er ein gutes Stück vorankommt.

Der Versuch den Markt zu timen, ist der Versuch, die Bewegung des Hundes vorherzusagen. Doch dieser ist unberechenbar. Manchmal liegt er (zu) weit vorn, manchmal (zu) weit hinten. Der Hund ist nervös, die Richtungsänderungen sind aber nicht vorhersehbar. Den Spaziergänger kann man aber analysieren. Wie viel Kondition hat er? Wie gut ist er ausgerüstet? Wie viel Proviant hat er mitgenommen? Die Vorhersage, wie gut sich der Spaziergänger entwickelt,  ist zwar auch nicht immer einfach, aber man kann dort mit viel höherer Sicherheit eine Prognose machen.

Ich habe mich im letzten Monat sehr intensiv mit den Unternehmen beschäftigt, in die VERUS investiert ist. Im Rahmen des Eigenkapitalforums Ende November in Frankfurt konnte ich mit vielen Verantwortlichen auch persönlich sprechen und darüber hinaus Investoren-Präsentation vieler anderer Gesellschaften als Vergleich heranziehen. Das Fazit für mich ist, dass ich mich mit den Unternehmen in die VERUS investiert ist, sehr gut gerüstet fühle. Es ist bei keinem absehbar, dass der Spaziergänger vor aktuellen Problemen steht. Selbst, wenn der Weg steiniger wird (die Konjunkturindikatoren haben sich spürbar abgekühlt) oder gar ein akutes Gewitter droht (einige Volkswirte gehen in der Zwischenzeit von einer Rezession in 2019 aus) glaube ich nicht, dass die VERUS-Spaziergänger ins Straucheln kommen werden. Vielleicht muss der Schritt  ein wenig gebremst werden, aber die Richtung und der langfristige Erfolg sind deshalb kaum in Gefahr.

Ich gebe gerne ein paar konkrete Beispiele dafür (direkte Investments und indirekt über die SVB AG):

Die Hypoport-Zahlen für das Q3 sind sehr gut ausgefallen.  

Das Wachstum beträgt im Jahr 2018 bisher 33%. Das Ziel von 240 bis 260 Mio. Euro Umsatz dieses Jahr wird nach meiner Einschätzung jedenfalls am oberen Ende ausfallen oder sogar übertroffen werden. Nächstes Jahr ist dann schon mit einem Umsatz jedenfalls über 300 Mio. zu rechnen.

Die EBIT-Marge (bezogen auf den Rohertrag) ist leicht auf nur noch gut 20% zurückgegangen. Hier zeigt sich, dass Hypoport derzeit nicht auf Ertragsoptimierung, sondern auf Wachstum ausgerichtet ist. Derzeit werden sehr viele Investitionen getätigt, die temporär das Ergebnis schmälern, dafür aber den Ertrag in der Zukunft verbessern. Hypoport wird heuer vermutlich ein EBIT in der Größenordnung von gut 30 Mio. und nächstes Jahr gut 40 Mio. erwirtschaften.

Im persönlichen Gespräch mit den Verantwortlichen sind wir mögliche Risiken und Chancen in der Entwicklung in den nächsten Jahren durchgegangen. Fast alle der allgemein genannten Risiken – BREXIT, Trump-Zölle, Währungskrieg, etc. – können dem Geschäftsmodell von Hypoport und dem weiteren Wachstum nichts anhaben. Auch eine Zinserhöhung würde nicht direkt negativ wirken – kurzfristig sogar positiv, weil mehr umgeschuldet werden würde. Ja, wenn in Deutschland plötzlich kein Wohnungsbau mehr stattfinden würde, dann würde Hypoport zurückgeworfen. Wenn man sich die Lücke zwischen Wohnungsbedarf und Wohnbautätigkeit in Deutschland aber ansieht, dann weiß man, dass diese Gefahr sehr, sehr klein ist, solange man nicht von Katastrophen-Szenarien wie Kriegen, Enteignungen, etc. ausgeht.

Das „Risiko“ bei Hypoport ist nicht der Spaziergänger – es ist der Hund (der Markt). Aufgrund der nach traditionellen Masstäben doch anspruchsvollen  Bewertung von Hypoport würde eine weitere ausgedehnte Marktschwäche vermutlich auch den Aktienkurs von Hypoport belasten. Ob, oder in welchem Ausmaß der Fall ist, kann ich aber nicht abschätzen. Vielleicht bekommt man Hypoport in den nächsten Monaten auch um Kurse von 120 Euro je Aktie – die Gefahr ist aber, dass man mit dieser Erwartung so lange wartet,  bis der Spaziergänger (Hypoport) sich schon wieder um 50 oder 100 Euro nach vorne bewegt hat und der Hund gar nicht mehr so weit zurücklaufen kann. (Vgl. dazu auch die Überlegungen in:  http://verus.li/funktioniert-value-investing-noch/)

 

Die Zahlen von Corestate (vgl. http://verus.li/was-ist-bei-corestate-capital-los/) waren ebenfalls sehr gut. Die Prognose für 2018 wurde sogar angehoben. Erwartet werden jetzt über 125 Mio. Nettoergebnis (adjusted). Wir sprechen damit über ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 6! Und dabei soll eine Dividende von Euro 2,5 je Aktie ausgeschüttet werden. Das entspricht einer Rendite von über 7%. Der Kurs ist davon aber völlig unbeeindruckt auf neue Tiefstwerte (bezogen auf das letzte Jahr) abgestürzt.

Aus der Diskussion mit den Verantwortlichen haben sich für mich keine neuen Risiken ergeben. Die verwalteten Volumen von Corestate wachsen und werden nicht kurzfristig abschmelzen. Die darauf verrechneten Fees sind damit gut in die Zukunft prognostizierbar. Die Gewinnbeiträge aus dem Geschäftsfeld HFS (Mezzaninfinanzierungen) sind natürlich sehr hoch und deren Nachhaltigkeit wird immer wieder hinterfragt. Aber auch hier zeigt sich ein Bild, dass die Nachfrage der Investoren extrem hoch und die Pipeline der interessanten Projekten, die finanziert werden können, sehr gut gefüllt ist.

Die Situation bei Corestate ist fast „too good to be true”. In so einem Fall muss man immer sehr vorsichtig sein und sich fragen, ob man nicht ein Risiko übersehen hat, das andere sehen. Trotz intensiver Recherchen und Nachfragen kann ich im Moment keine solchen unvorhergesehenen Stolpersteine sehen – und diese müssten ja groß sein, um den Kurs zu rechtfertigen. Natürlich gibt es langfristig das Risiko, dass die Immobilienpreise einbrechen und Corestate Probleme bekommen könnte, neue Investoren für ihre Fonds zu finden. Dieses Risiko sehe ich aber für die nächsten 2-3 Jahre nicht.

 

Der Kurs der Metro hat sich in den letzten Marktturbulenzen ganz gut gehalten – es ist aber natürlich trotzdem unbefriedigend tief. Hier ist der Hund deutlich hinter dem Spaziergänger. Und das sogar aus nachvollziehbaren Gründen. Einerseits hat Metro in der Vergangenheit einfach sehr oft Erwartungen enttäuscht und andererseits ist die Stimmung der Investoren gegenüber allem was mit Retail zu tun hat, extrem kritisch. In im Fall von Metro ist die positive Bewegung des Spaziergängers nicht so eindeutig. Metro ist damit ein eher „klassischer“ Value-Titel. Die Absicherung und Sicherheitsmarge  ist hier, dass alleine die Immobilien deutlich mehr wert sind, als der gesamte Konzern heute kostet. Und das Management hat erkannt, dass es nur dann eine Chance hat weiterhin unabhängig zu arbeiten, wenn etwas zur Verbesserung des Unternehmenswertes getan wird. Der nächste Schritt dazu ist der geplante Verkauf von Real. Wenn das zu einem guten Preis gelingt, dann wäre das ein sehr wichtiger Schritt. Im Hintergrund warten ja übernahmewillige Investoren darauf, ein größeres Stück von Metro zu bekommen. Wenn jemand mit klaren Aktionärsinteressen das Ruder übernimmt, dann kann man davon ausgehen, dass hier über die nächsten 2-3 Jahre Wert gehoben wird. Ein Übernahmeangebot im ersten Quartal des nächsten Jahres sehe ich als realistische Einschätzung an.

 

Der Kurs von Sixt Leasing ist nochmals stark zurückgekommen (vgl. http://verus.li/sixt-leasing-in-der-diesel-falle/). Das Jahr 2018 ist so was wie ein Übergangsjahr. Dass Investoren darüber nicht begeistert sind, ist irgendwie verständlich. Aber auch hier waren die Q3-Zahlen grundsätzlich keine Enttäuschung und wurde die Zielvorstellung für das Jahr 2021 bestätigt. Der operative Eigen-Umsatz soll in diesen 3 Jahren um über 50% auf 700 Mio. Euro wachsen und das Ergebnis vor Steuern soll um über 66% auf ca. 50 Mio. Euro ansteigen. Wenn wir jetzt bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von ca. 11 bis 12 liegen, dann würde dieses sich auf einen Wert von unter 6 entwickeln, wenn der Kurs so stehen bleiben würde. Die Risiken sind hier sicher darin zu sehen, dass der Wettbewerbsdruck sehr hoch ist und auskömmliche Margen auch von der Refinanzierung abhängig sind. Hier hat Sixt im letzten Jahr aber über die Ablöse alter Verbindlichkeiten und die neue Finanzierungsvereinbarung sehr gute Arbeit geleistet, die eine gute Absicherung darstellt. Das Restwertrisiko ist nicht zu vernachlässigen (Stichwort Dieselfahrzeuge) – das scheint Sixt Leasing aber wirklich gut im Griff zu haben. Ein weiteres mittelfristiges Risiko könnte sein, dass die Online-Autoverkäufe nicht wie geplant einen höheren Marktanteil gewinnen. Wenn man weiß, dass dieser Absatzkanal aber heute erst 2% ausmacht, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass dieser Kanal auch für Autoverkäufe wichtiger werden wird.

Ich habe damit als Miteigentümer von Sixt Leasing ein gutes Gefühl. Insbesondere da es auch bei Sixt Leasing so etwas wie ein implizites Sicherheitsnetz als zusätzlichen „Margin of Safety“ gibt. Ein Leasingvertrag ist ja so aufgebaut, dass Sixt Leasing mit dem Vertrag in den ersten zwei Jahren der Laufzeit keinen Gewinn bzw. sogar Verlust macht. Der Gewinn fällt erst gegen Ende der Laufzeit an. D.h. im Vertragsbestand ist immer ein großer Anteil noch nicht realisierter Gewinne „versteckt“, die erst in den Folgejahren realisiert werden (und dann aber vom höheren Neuvolumen (hoffentlich) überlagert werden.). Im Geschäftsbericht wird eine sogenannte Substanzwertrechnung veröffentlicht. Das „ist eine stichtagsbezogene Abwicklungsrechnung, die alle sich auf den kontrahierten Vertragsbestand bezogenen Leasingverhältnisse der Gesellschaft berücksichtigt.“ Anders ausgedrückt – die Zahl sagt aus, was die Verträge wert sind, wenn man die Gesellschaft abwickeln würde und keine Neu-Verträge mehr abschließen würde. Und diese Zahl beträgt für Ende 2017 Euro 351 Mio. – die ganze Firma kostet aber derzeit nur Euro 265 Mio.  Dh ich kann derzeit die ganze Firma für 2/3 des Liquidationswertes kaufen, obwohl die Firma weiterhin an Wert gewinnt.

 

Der Hauptbelastungsfaktor für den Inneren Wert der Shareholder Value Beteiligungen AG war in den letzten Monaten sicher die hoch gewichtete Secunet AG. Der Kurs ist vom Hoch bei 130 Euro Anfang September um 35% auf 85 Euro zurückgegangen. Auch hier gibt es keinen Grund an der Kondition des Spaziergängers zu zweifeln – dieser ist sehr schnell unterwegs. Secunet hat z.B. in den letzten 5 Jahren von 2013 bis heuer (Basis erwartete Werte per Jahresende) den Umsatz um 250% gesteigert. Das Ergebnis je Aktie stieg in der Zeit von 0,37 Euro auf 2,55 Euro  – das ist eine Steigerung um fast 700%. Und die Erwartungen an die Zukunft sind nicht weniger ambitioniert. Das Ergebnis je Aktie soll in den nächsten 2 Jahren (d.h. von 2018 auf 2020) um weitere 75% auf 4,15 Euro steigen. Das wäre dann immer noch ein KGV von gut 20 für das Jahr 2020.

Die Ausgangslage bei Secunet ist damit so ähnlich wie bei Hypoport. Wenn der Pessimismus im Markt noch weiter zunimmt, dann kann der Hund auch noch weiter zurücklaufen. Vielleicht kann man Secunet im nächsten Jahre auch zu Kursen von 60 Euro kaufen – das kann man nicht seriös prognostizieren. Ob der Hund weit vor, oder weit hinter dem Secunet Spaziergänger sein wird, weiß ich nicht. Dass Secunet in 2-3 Jahren sich aber deutlich weiterentwickeln wird und damit auch deutlich mehr wert sein wird, dafür ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß. Und wenn ich dann als Mit-Eigentümer dafür die Launen des Mr. Market aushalten muss, dann nehme ich das gerne in Kauf.

In Summe sehe ich die Unternehmen damit sehr gut aufgestellt, um weiterhin Unternehmenswert zu generieren, an dem wir mit VERUS als Miteigentümer auch partizipieren wollen und werden. Die nächsten Monate werden sicher sehr spannend und könnten auch turbulent werden. Ich fühle mich dafür gerüstet und hoffe, dass alle VERUS-Investoren weiterhin die langfristige Partizipation an der Wertentwicklung von erfolgreichen Unternehmen im Blick haben – und nicht die kurzfristigen Launen des Marktes.

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Investment Lessons by Warren Buffett and Charlie Munger:

 “The most common cause of low prices is pessimism — sometimes pervasive, sometimes specific to a company or industry. We want to do business in such an environment, not because we like pessimism but because we like the prices it produces. It’s optimism that is the enemy of the rational buyer. ”