Wann soll ich investieren – die Templeton-Methode

Was ist jetzt richtig?

„Die Aktien sind derzeit viel zu hoch bewertet!“

Oder:

„Im Vergleich zu Anleihen ist Aktien immer noch viel zu billig!“

Gerade im Moment könnten die Einschätzungen der „Experten“ im Hinblick auf die Attraktivität von Aktienveranlagungen nicht unterschiedlicher sein. Die einen sehen optisch extrem hohe Bewertungen vor dem Hintergrund der sehr problematischen Wirtschaftslage. Andere verweisen darauf, dass die Indexstände ein falsches Bild zeichnen und dass Aktien – abgesehen von ein paar großvolumigen Highflyern (Stichwort FAANG-Aktien) – sehr wohl korrigiert haben. Sie verweisen darauf, dass Aktien (als Unternehmensbeteiligungen) viel attraktiver bepreist sind, als Anleiheinvestitionen (mit tatsächlich fast sicheren realen Kaufkraftverlusten).

Was heißt, das jetzt für den Investor? Stehen wir vor einem weiteren 30%-Absturz, oder stehen z.B. auch die Märkte Europas endlich vor neuen All-Time-Highs?

Um ehrlich zu sein – ich weiß es (auch) nicht! Beides kann richtig sein – zumindest wenn man einen kurzen Zeitraum von ein bis zwei Jahren im Blick hat. Das Schöne ist aber: Man muss es auch nicht wissen, um erfolgreich anlegen zu können!

An der Börse geht es immer um Wahrscheinlichkeiten und niemand kann sagen, ob der DAX in absehbarer Zeit nochmals stärker fällt oder nicht.  Und wer jetzt einsteigt, läuft natürlich Gefahr, dass alle Bullen unrecht haben und die Kurse doch noch einmal kräftig fallen. Und wenn es zu einem dynamischen Rückfall wie im März kommt, könnten all die Anleger, die jetzt auf tiefere Kaufkurse hoffen, wieder Angst bekommen, weiter abwarten und weiterhin nicht investieren.

Was immer Sie also für Ihre Aktienanlage planen und wie auch immer Sie sich dann entscheiden – es besteht stets eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich diese Entscheidung (auf Sicht von einigen Monaten oder sogar Jahren) letztlich als „falsch“ erweist.

Nachdem diese Unsicherheit immer besteht, braucht es eine Entscheidungsregel, wann man  in den Markt einzusteigen soll! Ich persönlich kann hier den Ratschlag von Sir John Templeton, dem legendären Gründer der Templeton Investmentgesellschaft nur empfehlen. Er hat auf die Frage, wann der richtige Zeitpunkt ist, um zu investieren, einfach und unmissverständlich gesagt: „Wenn Sie das Geld dafür haben.“ (ich ergänze: „um es langfristig anzulegen„). Diese einfache „Regel“ beseitigt nicht nur alle Zweifel, wann man einsteigen, sondern auch, wann man aussteigen sollte. Denn man kann sie einfach für diesen Fall erweitern: Aussteigen sollte man nur, wenn man das Geld anderweitig braucht. Und nicht, weil man die Börsen für zu hoch oder zu niedrig bewertet einschätzt.

Das funktioniert natürlich nur, wenn Sie das Investment langfristig betrachten und sich von den Höhen und Tiefen der Emotionen des Mr. Market nicht aus der Ruhe bringen lassen. Natürlich ist es nicht schön, wenn man 3 Monate nach einem Investment schon 25% Minus im Depot hat oder auch dann, wenn nach 3 Jahren noch immer ein Minus-Zeichen vor der Depotentwicklung steht.

Solche Volatilitäten sind aber ganz normal und ändern nichts daran, dass man langfristig mit einem Ertrag von etwa 7% rechnen kann (vgl. z.B.  hier oder hier). Ja, wer im April 2015 beim Hoch im DAX eingestiegen ist (immerhin vor 5 Jahren) der hat immer noch keinen Gewinn! Und im Zeitraum von April 2017 bis September 2018 (das ist auch schon von 2-3 Jahre her) lag der DAX teilweise sogar deutlich über dem jetzigen Stand.

Diese Beobachtung, dass man in den letzten Jahren mit dem DAX nicht viel gewinnen konnte, sagt aber vielleicht mehr darüber aus, dass der Markt im Moment gar nicht so hoch bewertet sein kann, als darüber wie hoch die Renditechancen langfristig sind. Wenn der DAX in den nächsten 6 Monaten auf 16.000 Punkte steigen sollte  (wie das z.B. Altmeister Jens Erhard kürzlich als Erwartung formuliert hat (vgl. hier), dann wären plötzlich alle Anleger im Plus. Und wer jetzt einsteigt, hätte sogar eine annualisierte Rendite von 60%(!). Auch das wäre natürlich keine realistische Benchmark für eine langfristige Renditeerwartung.

Auf gute Jahre folgen schwierige und umgekehrt. Über Zeit pendelt sich das ein und nähert man sich immer mehr dem Erwartungswert von vielleicht 6% – 7%. Dass das so ist habe ich in mehreren Beiträgen ja schon ausführlich dargelegt (z.B. hier oder hier). Dass das langfristige Investieren darüber hinaus eine Zusatz-Rendite über Steuervorteile und eine schiefe Renditeerwartung bei Langfristinvestitionen bringt, ist dagegen den wenigsten Investoren bewusst. Diese Effekt bewirkten, dass man als Langfristinvestor eine deutlich über dem Durchschnitt liegende Nach-Steuer-Rendite erwirtschaften kann, selbst wenn man nicht besser anlegt, als der Durchschschnitt (vgl. den Beitrag hier).

Jede Wahrscheinlichkeit spricht damit dafür, tatsächlich möglichst immer und langfristig im Aktienmarkt investiert zu sein. Sehr vielen Anlegern gelingt das aber leider nicht.  Das größte Hindernis bei der Anwendung dieser Templeton-Methode ist klarerweise die Anlegerpsychologie. Angst vor Verlusten ist viel größer als die Hoffnung auf Gewinne. Und da es stets sein kann, dass man in der Nähe eines Hochs einsteigt, drohen unter Umständen schon bald größere Verluste. Verständlich, dass viele Anleger zögern, auf einmal große Summen zu investieren. Noch problematischer wird es, wenn man es darum geht wieder in den Markt zurückzukommen. Alle Anleger, die z.B. aus Vorsicht in der Phase der Corona- Marktreaktion ausgestiegen sind, müssen sich die Frage stellen, wann sie wieder einsteigen wollen. Vielleicht haben diese Anleger sogar den größten Teil des Absturzes im März/April vermeiden können – stehen jetzt aber vor der Frage, ob sie bei zum Teil noch höheren Kursen bzw. wann sie wieder einsteigen sollen?

Wenn man IMMER investiert ist, dann umgeht man das Problem des Wiedereinstieges. Die Templeton-Methode – einfach „blind“ einsteigen und nie wieder ohne triftigen Grund aussteigen – hat also auch deshalb viel für sich, weil man damit vermeidet, aus dem Markt zu fliegen, ohne einen Plan für den Wiedereinstieg zu haben. Damit erledigen sich auch Stopp-Strategien (die für Langfristanleger im Erwartungswert nur negativ sind) und die vielfach diskutierte Frage, wie man am besten ein bevorstehendes Hoch erkennt.

Der Nachteil der Templeton-Methode ist natürlich, dass man mit ihr auch durch die Täler der Börsen fährt, was  eine mentale Herausforderung ist. Dabei kann man sich allerdings mit dem Gedanken trösten, dass dabei ja auch „der Markt“ verliert und dieser Verlust nur Volatiliät – nicht echter Verlust ist.

Diese Methode läuft also auf Buy & Hold statt Rein & Raus hinaus. Diese Methode kann man aber auf zweifache Weise umsetzen. Entweder in dem man breit (und passiv) auf den breiten Markt setzt. Die Investition über ETFs ist dabei sicher eine empfehlenswerte Variante, da kostengünstig. Oder man versucht über aktive Strategien und Auswahl von erfolgreichen Unternehmen eine bessere Performance zu erreichen, als der Markt. Das ist langfristig sehr schwer – mit der Strategie des Value-Investings ist es allerdings nicht nur Warren Buffet, sondern sehr vielen anderen Value-Investoren auch gelungen, das zu schaffen. Ich bin der Überzeugung, dass das auch bei VERUS gelingen wird. Die Ergebnisse über die letzten viereinhalb Jahre (seit Start von VERUS) mit einer Rendite p.a. von 15,9% ggü. einer Performance des DAX als Benchmark von 3,0% p.a. waren zumindest schon mal ein guter Start. Die VERUS-Investoren haben aber auch Höhen und Tiefen „erlitten“. Die Performance von -20% im Jahr 2018 war sicher schmerzlich und wer Ende 2017 investiert hat, hat gerade mal Break-even in seinem Depot. Das ändert aber wie oben dargestellt nichts daran, dass der Wert sich innerhalb 7 bis 10 Jahren verdoppeln sollte – was einer Rendite von 7% bis 10% p.a. entspricht. Vergangenheitswerte stellen zwar nie eine  Garantie für die zukünftige Performance-Entwicklung dar – sie deuten aber darauf hin, was mit der höchsten Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Und Wahrscheinlichkeiten sind es, mit denen der Investor gut umgehen können muss.